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Peter Pacult schaut in die ungewisse Zukunft.

Foto: APA/dpa/Thomas Eisenhuth

Wien/Dresden - Peter Pacult ist "überall und nirgendwo". Unlängst ist er in Innsbruck gewesen, hat sich das Spiel Wacker gegen Ried angeschaut. Ohne Hintergedanken, rein aus Interesse. Im Winter hat es den 54-jährigen Wiener in die Türkei verschlagen, dort bereiteten sich gar nicht so unbedeutende Fußballvereine aus halb Europa auf die Frühjahrssaison vor. Pacult schaute sich um, beobachtete Trainingseinheiten, pflegte und knüpfte Kontakte. Manager hat er keinen, wohl wissend, "dass es mittlerweile nicht nur Spieler-, sondern auch Trainervermittler gibt. Manche Kollegen haben gleich fünf Manager, da kennt man sich überhaupt nicht mehr aus. Ein kleines Netzwerk habe ich natürlich schon."

Pacult hängt in der Warteschleife. "Es gibt wesentlich mehr Trainer als Arbeitsplätze. Ich will das aber nicht dramatisieren, das war immer schon so." Bis Ende Juni steht er auf der Gehaltsliste von Dynamo Dresden, gefeuert oder beurlaubt (klingt schöner) wurde er im August des Vorjahres. "Für mich eine unverständliche Maßnahme, aber so ist das Geschäft."

Das Prinzip Pacult scheint so zu funktionieren: Job, erst Erfolge, dann Misserfolge, Scharmützel mit Spielern, Funktionären, Journalisten, Fans, Abschied im Bösen. "Stimmt nicht", sagt Pacult. "Außerdem werden andere Trainer auch beurlaubt. Das ist normal. Nur bei Rapid lief es nicht reibungsfrei, darüber bin ich sauer. Die Fristlose kann ich bis heute nicht nachvollziehen, sie hat eh nicht gehalten." Es geschah im April 2011. Pacult wechselte zu Dietrich Mateschitz, zu Rasenballsport Leipzig. "Der Aufstieg wurde verpasst, er war aber nicht gefordert. Auf einmal war ich weg, Sportdirektor Ralf Rangnick hat das nie begründet." In Dresden schaffte er den Klassenerhalt. "Und dann war ich nicht mehr gut genug." Pacult sagt, er sei kein Häferl, kein Schmähbruder, "wobei der Wiener Schmäh eh super ist. Ich wurde immer in Schubladen gesteckt. Die Leute neigen zur Vereinfachung."

Erste Schublade: Pacult ist kein Psychologe. "Blödsinn, natürlich kann ich mit Spielern reden. Ich weiß, dass sich die Kommunikationsformen geändert haben. Trotz Facebook und Twitter sind die Fußballer insofern gleich geblieben, als sie gewinnen wollen. Davon ist jedenfalls auszugehen."

Zweite Schublade: Pacult ist die Taschenbuchausgabe des seligen Ernst Happel. "Unsinn. Außerdem war Happel ein großer Trainer und Mensch. Ich würde mich nie mit ihm vergleichen. Ich bin bereit, zu lernen, mich weiterzuentwickeln. Obwohl auch der Pacult den Fußball nicht neu erfinden wird."

Direkte Art

Dritte Schublade: Pacult zählt nicht zu den Erfindern der Diplomatie, steht sich selbst im Weg. "Wo fängt die Diplomatie an und wo hört sie auf? Vielleicht bin ich zu ehrlich-direkt. Ich wehr mich zum Beispiel gegen spontane Spielerverkäufe, sage, was ich mir denke. Das stößt nicht immer auf Gegenliebe. Insofern bin ich undiplomatisch."

Vierte Schublade: Pacult ist der Medienwelt nicht gewachsen. "Ich weiß, dass sich die Zeiten geändert haben. Privates wird leider wichtiger. Wobei die Fragen gleich geblieben sind. Vor 20 Jahren waren halt zwei Journalisten da, jetzt sind es 100. Die stehen unter Stress, brauchen Geschichten. Aber ich schleime mich nicht ein. Was hat man davon? Berichtet einer freundlich, wird man zwei Wochen später beurlaubt."

Pacult sagt, und damit ist Schluss mit den Schubladen, "dass ich den Fußball lebe, liebe und brauche. Ich kann ja nichts anderes. Es gibt nicht einen Weg zum Erfolg, es gibt hunderte Wege." Er ist überzeugt, "dass mein Ruf nicht ramponiert ist". Und er zählt seine Erfolge bei 1860 München oder Rapid auf. "Die nimmt mir keiner." Zu welchem Verein er passt? "Zu jedem, der mich will." Pacult kann sich praktisch alles vorstellen, österreichische Liga, deutsche Liga, Oberhaus, Unterhaus. "Das Paket muss stimmen. Warum eigentlich nicht Afrika? Ich bin für alles offen. Das Geld sollte aber schon passen." Er verweist auf seinen Spezi, den Globetrotter Alfred Riedl. "Teamchef in Vietnam oder Thailand ist doch was. Der hat viel erlebt."

Momentan hängt Pacult in der Warteschleife. "Fußball ist immer auch eine Frage der Geduld." (Christian Hackl, DER STANDARD, 16.4.2014)