In der Realpolitik ist er wenig wichtig. Dafür ist er im öffentlichen Raum umso präsenter. Sogar von den Hügeln rund um Skopje blickt Gjorge Ivanov herab. Die Hauptstadt Skopje ist ohnehin zugepflastert mit dem Konterfei des Präsidenten.

Die Regierungspartei VMRO-DPMNE hat dafür gesorgt, dass ihr Kandidat die mediale Berichterstattung dominiert. Sein Konkurrent Stevo Pendarovski ist viel weniger sichtbar. Xhabir Deralla von der NGO Civil erzählt etwa, dass vergangenen Sonntag auch "Tote" Ivanov gewählt haben sollen. Schuld daran seien die unbereinigten Wählerlisten. In Mazedonien haben tatsächlich viele Angst, ihren Job zu verlieren, wenn sie sich nicht als loyal erweisen und zur Klientel einer Partei machen lassen. "Wenn einer in einer höheren Position im Staat ist, muss er der Partei 15 Wähler garantieren", sagt Deralla. Ivanov selbst ist der Inbegriff eines loyalen und Angepassten.

Leute, die ihn kennen, erzählen, dass er niemals eine eigene Meinung habe, sondern immer nur jene von anderen Leuten zusammenfasse. "Papagei" wird er deshalb auch von manchen etwas bösartig genannt. Der heute 54-Jährige stellte bereits früh seine "Wendigkeit" unter Beweis. Bis zum Zusammenbruch von Jugoslawien war er Mitglied bei den Kommunisten, später soll er den Sozialdemokraten nahegestanden sein. Als die VMRO-DPMNE 2006 an die Macht kam, wurde er deren Berater. Seither ist er auf Linie. Von Ivanov ist nichts zu hören, was nicht auch von Parteichef und Premier Nikola Gruevski gesagt werden könnte. 2009 wurde er erstmals zum Präsidenten gewählt.

Ivanov unterstützt die kompromisslose Haltung der Regierung im Namensstreit mit Griechenland. Er hat es nicht geschafft, die angekratzten Beziehungen zu den Nachbarländern zu verbessern, aber hängt jenem mazedonischen Nationalismus an, der eine tragikkomische Seite hat. So erklärte er etwa dem Papst, dass die Idee des Friedens als Grundlage für die westliche Zivilisation vom mazedonischen Ort Paljurci ausgegangen sei, weil der Apostel Paulus diesen angeblich besucht hat.

Der Vater eines Sohnes ist in der Provinzstadt Valandovo geboren, studierte in Skopje Jus (mit durchschnittlichen Noten), wurde Journalist und später Professor an der Uni in Skopje. "Das ist eben das Zeitalter der Mittelmäßigen", sagt der Analyst Saso Ordanovski. Am 27. April geht Ivanov in die Stichwahl. (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, 15.4.2014)