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Lärm aus Kindergärten gilt derzeit noch als unzumutbare Belästigung. Ein aktueller Gesetzesantrag könnte das ändern.

Foto: AP/Michael Probst

Wien - Lärmende Kinder könnten künftig kein Grund zur - juristischen - Klage mehr sein. Nach einer Novelle im steirischen Baugesetz, die Kindergeräusche von gewöhnlichen Lärmquellen wie Rasenmähern unterscheidet, könnte nun auch eine bundesweite Regelung bevorstehen. Ein entsprechender Gesetzesantrag wurde, nach einem Bericht des STANDARD über die unklare rechtliche Situation bei Streitfällen um Kinderlärm, Ende März von den Neos im Nationalrat eingebracht.

"Geräuscheinwirkungen aus Kindergärten, Spielplätzen und ähnlichen Einrichtungen können nicht untersagt werden, sofern sie das ortsübliche Ausmaß nicht übersteigen" soll es in der neuen Passage sinngemäß heißen. Der Satz soll den Paragrafen 364 Artikel 2 im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) ergänzen, der Grundstückseigentümern ermöglicht, den Nachbarn Belästigungen durch Lärm, Geruch, Abwasser oder Rauch zu untersagen. Geräusche, die von Kindern hervorgerufen werden, würden sich damit von gewöhnlichem Lärm unterscheiden und nicht mehr zu den Immissionen gehören, gegen die Anrainer zivilrechtlich vorgehen oder aufgrund derer sie Schadensersatz fordern können.

Wichtiger Schritt

Die Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien zeigt sich erfreut: Man stimme dem Antrag "ausdrücklich" zu. "Das ist ein wichtiger Schritt", sagt Anton Schmid. Der Kinder- und Jugendanwalt setzt sich seit Jahren dafür ein, dass Kindergeräusche gesetzlich nicht als Belästigung gelten. Wirklich ändern werde sich zwar erst etwas, wenn die "Menschen das im Kopf mitkriegen". Diese "gesetzlichen Begleiterscheinungen" seien aber "enorm wichtig" und stellten eine Hilfe für Behörden und Zivilrichter dar.

Das letzte Wort in der Debatte wäre aber auch mit einer Reform im Bundesgesetz nicht gesprochen. Die Bestimmungen zum Lärm müssten auch auf Landesebene geändert werden, heißt es bei der Kinder- und Jugendanwaltschaft. Die Sicherheits- und Polizeigesetze behandeln nämlich nach wie vor alle Arten von Lärm gleich - und die Polizei werde sich nicht auf das ABGB berufen, wenn sie eine Verwaltungsstrafe wegen Lärmbelästigung erteilt, sagt Schmid.

Schädliche Immission

Die Diskussion um Kinderlärm ist in Österreich schon seit einigen Jahren im Gange. Derzeit fallen von Kindern verursachte Geräusche noch unter den Überbegriff "schädliche Umwelteinwirkungen". Anrainer können sich deshalb zivilrechtlich wehren, gegen den Bau von Kindertageseinrichtungen Einspruch erheben oder Lärmschutzwände und Spielverbote einfordern. Die Gesetzeslage ist aber nicht eindeutig geregelt. Unterschiedliche Bestimmungen auf Landes- und Bundesebene fallen in das Thema hinein. Regelmäßig landen Streitfälle vor dem Verwaltungs- oder Obersten Gerichtshof. Oberösterreich strich im Jahr 2013 lärmende Kinder als unzumutbare Belästigung aus dem Baugesetz, die Steiermark folgte im März 2014, in Wien soll es noch vor dem Sommer soweit sein. Diese Novellen können aber nur Einsprüche der Nachbarn vor oder während des Baus von Kindergärten und Spielstätten verhindern. (Christa Minkin, DER STANDARD, 15.4.2014)