In Moskau kursiert ein neuer Witz: "Heuer wird das Jahr der Kultur in Russland gefeiert. Darum haben wir auch nur höfliche Menschen auf die Krim geschickt." Mit "höflichen Menschen" haben die russischen Medien die Bewaffneten ohne Rang- und Hoheitsabzeichen umschrieben, die den Anschluss der Halbinsel an Russland sicherten.

Weniger höflich ist die Umschreibung, die Russlands Kulturminister Wladimir Medinski, selbst gebürtiger Ukrainer, für die Maidan-Bewegung übrig hat, die er als "herrlichen Mix aus naiven Romantikern, zynischen Politikanern und nazistischen Zöglingen, gleichsam Werwölfe, die aus dem Dunkel der westukrainischen Wälder ausgebrochen sind", bezeichnet.

Die Wortmeldung Medinskis ist kein Zufall. Der Konflikt in der Ukraine wird gerade in Moskau als Kulturkampf zwischen Ost und West verstanden. Und so steht auch das Konzept der neuen Kulturpolitik unter dem Leitmotiv "Russland ist nicht Europa". In dem Dokument heißt es, Russland müsse sich in seinem Kulturschaffen abgrenzen von westlichen Vorbildern, um eine eigene Identität zu stiften und Traditionen zu bewahren.

Kulturcode für die Jugend

Das Leitpapier zitiert Wladimir Putins Forderung nach "geistiger, kultureller und nationaler Selbstbestimmung". Zukünftige Kulturprojekte sollen daher vom Staat nur noch unterstützt werden, wenn sie der jungen Generation den "russischen Kulturcode" einimpfen. Der Begriff Multikulturalismus soll hingegen nicht mehr verwendet werden.

Schon in den vergangenen Jahren hat die russische Führung eine eher konservative Kulturpolitik verfolgt. Das reiche Erbe - von Schriftstellern wie Leo Tolstoi und Fjodor Dostojewski über Maler wie Andrej Rubljow und Ilja Repin bis hin zu Komponisten wie Pjotr Tschaikowski und Dmitri Schostakowitsch - wird in Moskau sorgsam gepflegt. Das Bolschoi-Theater gilt weltweit als erstrangige Institution.

Neue Künstler haben es hingegen schwer - vor allem, wenn sie sich nicht in den patriotischen Mainstream einfügen lassen. Bücher von Wiktor Pelewin und Wladimir Sorokin wurden von der Kremljugend Naschi als "dekadent" verbrannt, die Autoren bedroht. Kurator Andrej Jerofejew kam nach seiner Ausstellung "Verbotene Kunst" noch mit einer Geldstrafe davon, die Punkband Pussy Riot musste wegen ihrer Performance sogar in Haft. (André Ballin aus Moskau, DER STANDARD, 14.4.2014)