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Neo-Premier Manuel Valls (li.) sollte François Hollande aus dem Stimmungstief helfen. Stattdessen stellt er ihn in den Schatten.

Foto: EPA/FRED DUFOUR

Nicht einmal der Regierungswechsel nützt François Hollande: Unpopulärer denn je, wird der französische Präsident von seinem eigenen Premierminister Manuel Valls in den Schatten gestellt. Weinender Dritter ist dabei die EU.

Eine Umfrage wie ein Schlag ins Gesicht: François Hollande kommt laut der Wochenzeitung Journal du dimanche nur noch auf 18 Prozent positiver Stimmen - ein historischer Minusrekord der Fünften Republik. Sein nach der Niederlage bei den Kommunalwahlen Ende März ernannter neuer Premierminister Manuel Valls erhält hingegen auf 58 Prozent, also vierzig Prozent mehr.

Es kam zwar schon mehrfach vor, dass unpopuläre Staatschefs ihren Premier auswechselten und dieser mit guten Sympathiewerten startete - der Sozialist Laurent Fabius kam 1984 auf 29 Prozent Umfragestimmen, der Gaullist Dominique de Villepin 2005 auf 44 Prozent. Und François Fillon war vor drei Jahren mit 58 Prozent Stimmen ebenfalls beliebter als sein Präsident Nicolas Sarkozy.

Nie aber war der Abstand so groß wie heute zwischen Hollande und seinem Sekundanten Valls. Der Präsident selbst profitierte als offenbar gar nicht von seiner spektakulären Regierungsumbildung von Anfang April. Die Internetforen sind voller maliziöser Kommentare wie etwa: "Erstaunlich ist, dass der Präsident überhaupt noch auf 18 Prozent positiver Stimmen kommt."

Viele verweisen dabei etwa beispielhaft auf die jüngsten Fehltritte des Präsidenten. So beförderte er am Mittwoch den blassen Sozialistenchef Harlem Désir ins Europa-Ministerium, obwohl dieser 1998 wegen Veruntreuung zu achtzehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden war; im Wahlkampf hatte Hollande noch hoch und heilig versprochen, er werde keine verurteilten Politiker in die Regierung holen.

Fast noch mehr Kopfschütteln bewirkt aber der präsidiale Stil. Auf Staatsbesuch in Mexiko versuchte sich Hollande bewusst in eine Reihe mit seinem illustren Vorgänger Charles de Gaulle zu stellen: Dieser hatte sich 1964 in Mexiko-Stadt vor einer Riesenmenge feiern lassen, indem er die amerikanische sowie auch die sowjetische "Hegemonie" unisono und in perfektem Spanisch verurteilte. Jetzt erntete Hollande nur Gelächter, als er in einem Sprachsalat ohnegleichen erklärte, Mexiko und Frankreich gingen "la mano dans la mano" - gemeint war damit "Hand in Hand".

Nach der neuesten Umfrage-Keule herrscht im Élyséepalast nur noch Ratlosigkeit. Der Regierungswechsel hatte als "letzte Waffe" im Präsidentenarsenal gegolten; ohnehin könnte Hollande nun nicht gut noch einmal die Regierung und damit einen Premier auswechseln, der dreimal populärer ist als er selbst.

Um bei den Präsidentschaftswahlen 2017 überhaupt noch antreten zu können, kann der Staatschef nur hoffen, dass sich Valls in den zwei nächsten Jahren selbst abnützen wird. Das ist nicht ausgeschlossen, denn der Premier steht vor der Herkulesaufgabe, die Rekordzahl von mittlerweile schon mehr als drei Millionen Arbeitslosen abbauen zu müssen.

Am Samstag demonstrierten in Paris zudem zehntausende Linke gegen die "Austeritätspolitik" des neuen Premiers, der dem rechten Flügel der Sozialisten zugerechnet wird. Nimmt Valls soziale Abstriche vor, kann sich das Blatt schnell gegen ihn wenden - und Hollande könnte dann als gütiger Landesvater vermitteln.

Etwas wissen in jedem Fall sowohl der Präsident als auch der Premier: Sie können nicht die Steuern für Unternehmen senken, um die Wirtschaftsleistung anzukurbeln - und gleichzeitig weiterhin die Sozialausgaben des Staates gewährleisten. Es sei denn, sie geben die von Brüssel und Berlin geforderte Budgetdisziplin auf und lassen das Haushaltdefizit schlittern.

Aber wohl nur zu diesem Preis kann Hollande hoffen, jemals wieder aus seinem Umfrageloch zu kommen. Auf Brüssel und Paris dürften deshalb stürmische Zeiten zukommen. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 14.4.2014)