Platz 18 unter 20 Länder: Der Standort Österreich lässt verzweifeln.

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Wien/Wiesbaden - Österreich ist als Standort für stark automatisierte und technisch anspruchsvolle Produktionen noch immer nicht geeignet. Für weniger komplexe und für lohnintensive Produktionen ist Österreich aber zu teuer. Daher werden auch weiterhin Arbeitsplätze aus traditionellen Branchen abwandern, wobei sich dieser Prozess durch die Osterweiterung noch beschleunigen werde. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie zum Thema Arbeitsproduktivität des deutschen BERI-Instituts. Seit dem EU-Beitritt ist Österreich im Standortwettbewerb sogar zurückgefallen.

Fesseln übermächtiger Gewerkschaften

Die Arbeitskräfte in Österreich - wie auch in Deutschland und Frankreich - seien zwar gut ausgebildet und hätten überdurchschnittliche technische Fähigkeiten, die Politik habe es aber nicht fertig gebracht, die Unternehmer und Investoren von den Fesseln übermächtiger Gewerkschaften und Bürokratien zu befreien, geht aus der Studie hervor. Gelinge es nicht, diese Investitions- und Produktivitätshindernisse abzubauen, suche sich im Zeitalter der Globalisierung das Kapital lohnendere Ziele für Direktinvestitionen.

Unter den 20 untersuchten hochentwickelten Ländern nimmt Österreich bei der Arbeitsproduktivität den 18. Platz ein und erreicht auf einer im Idealfall bis 100 reichenden Skala 58 Punkte - laut Studie den selben Wert wie vor 10 Jahren. Seit dem EU-Beitritt ist die Alpenrepublik damit sogar um 2 Punkte (1995: 60 Punkte) zurückgefallen. Die trotz der hohen Lohn- und Lohnnebenkosten nach wie vor relativ hohe Bewertung führt das Institut auf die gute Infrastruktur sowie auf die Motivation und Ausbildung der Mitarbeiter zurück.

USA legten zu

Während Österreich im Standortwettbewerb zurückgefallen ist, konnten sich einige Länder wie die USA (von 67 auf 73), Schweden (von 62 auf 65), Großbritannien (von 55 auf 61), Spanien (von 55 auf 60) sowie Ungarn (von 50 auf 54) und Polen (von 45 auf 50) in diesem Zeitraum bei der Arbeitsproduktivität verbessern. Auch für Österreich wichtige Mitbewerber wie Deutschland (63 Punkte), Frankreich (65), die Niederlande (66) oder die Schweiz (74) behielten ihren Vorsprung bei.

Die Frage "Welcher Erlös bleibt dem Investor für seinen Einsatz" führt zu dem vom BERI-Institut als "Produktivitäts-Spielraum" bezeichneten Standortkriterium. Nur bei einer hohen Wertschöpfung der Arbeitskräfte können nicht nur die Löhne und Lohnnebenkosten, sondern darüber hinaus auch neue Investitionen, Forschung und Entwicklung sowie Dividenden gezahlt werden.

Deutschland, Österreich "investorfeindlich"

Während die USA, Irland, Singapur, Japan und Schweden als "investorfreundlich" gelten, outet die Studie neben Deutschland, Dänemark, den Niederlanden und Spanien auch Österreich als "investorfeindlich". Die starke Stellung der Gewerkschaften in Politik und Wirtschaft, die betriebliche Mitbestimmung sowie die Entwicklung der Manager von Großunternehmen zu "Industriebürokraten" seien die Ursachen für die schlechte Beurteilung, heißt es.

Die so genannte "Weltrangliste der Arbeitsproduktivität" wird jährlich erhoben und soll als Entscheidungshilfe für die Standortwahl von multinationalen Unternehmen dienen. Das Institut bewertet dabei vier Einzelkomponenten mit unterschiedlicher Gewichtung bei Erstellung des Index.

Details im Fokus

Untersucht werden demnach die Belastungen durch Sozial- und Mitbestimmungsgesetze (Bewertungskomponente A, 30 Prozent), das Verhältnis der Lohnkosten zur Produktivität (B, 30 Prozent Gewichtung), die durch Fehlzeiten und Streiks verursachten Kosten (C, 25 Prozent) sowie das Ausbildungsniveau der Arbeitskräfte (D, 15 Prozent).

Länderbewertung 2003 (Auswahl)

Bewertungskomponenten A   B   C   D Gesamt

Österreich 51 46 63 90 58 Deutschland 49 52 70 99 63 Schweiz 61 59 92 100 74 Belgien 68 70 73 91 73 Polen 49 48 50 56 50 Ungarn 57 50 48 66 54

(APA)