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Konterfei des EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz.

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"Wieviel kostet eigentlich der Europawahlkampf insgesamt? Und im Vergleich: Wieviel kosten die jeweiligen Nationalratswahlen in den EU-28? Gibt es Pro-Kopf-Berechnungen?", fragt ein Leser per Mail, nachdem in den USA Anfang April die Obergrenze für Wahlkampfspenden aufgehoben wurde.

Genaue Zahlen, wieviel der EU-Wahlkampf in allen EU-Staaten kosten wird oder 2009 gekostet hat, gibt es derzeit nicht. Ein Einblick kann aber zumindest über die einzelnen Bestandteile der Wahlkampfgelder gewonnen werden. Einer der geringsten Posten entfällt auf das EU-Parlament, das für eine europaweite Sensibilisierung etwa 16 Millionen Euro ausgibt, was in etwa 0,032 Cent pro Bürgerin oder Bürger bzw. 0,043 Cent pro Wahlberechtigtem in den EU-Staaten entspricht. Der bei weitem größte Teil wird von den nationalen Parteien in den jeweiligen EU-Staaten ausgegeben. In jedem einzelnen Land ist die Finanzierung anders geregelt, deshalb ist es auch schwierig, Berechnungen über die gesamten Wahlkampfkosten anzustellen.

In Österreich gilt für die EU-Wahl nach wie vor die Wahlkampfkostenerstattung, die für die Nationalratswahlen schon durch eine erhöhte Parteienförderung ersetzt wurde. Alle Parteien, die im EU-Parlament vertreten sind, erhalten demnach pro für sie abgegebener Stimme zwei Euro. Überschlagsmäßig kann deshalb errechnet werden, dass bei 6,3 Millionen Wahlberechtigten ein Topf von 12,6 Millionen Euro von allen Parteien ausgegeben werden könnte.

Österreich Spitzenreiter bei Ausgaben

Parteien, wie die ÖVP oder SPÖ, die derzeit in den Umfragen zwischen 24 und 26 Prozent liegen, können also davon ausgehen, dass je nach Wahlbeteiligung zumindest 3 Millionen ihrer Wahlkampfkosten wieder rückerstattet werden. Zusätzlich können Parteispendengelder im Wahlkampf aufgewendet werden.

Im Vergleich zu anderen EU-Staaten wird Österreich aufgrund seiner Gesetzgebung zur Parteienfinanzierung wesentlich mehr Geld in den Wahlkampf stecken. "In Deutschland und Großbritannien wird es um sehr vieles weniger sein", sagt Hubert Sickinger, österreichischer Experte für Parteienfinanzierung. Deutschlands Parteien erhalten für unter 4 Millionen Stimmen je 85 Cent Rückerstattung, darüber dann noch zusätzliche 70 Cent.

Transparency International versucht mit der Initiative "European Parliament Integrity Watch" die Finanzierungsregelungen und tatsächlichen Ausgaben der nationalen Parteien für die EU-Wahl im Mai etwas transparenter zu machen und Stärken und Schwächen der jeweiligen Systeme zu bestimmen. Die EU-Gesetzgebung regelt derzeit nur, dass jeder Mitgliedstaat eine Obergrenze für die Wahlkampfkosten der Wahlbewerber festlegen kann.

Das EU-Parlament selbst arbeitet gerade daran, seine pan-europäischen Parteiorganisationen, die von der Europäischen Volkspartei bis zur Europäischen Linken reichen, an ein stärkeres und transparenteres Regelwerk zu binden. Derzeit erhalten diese Dachorganisationen Gelder aus dem EU-Budget. Geht es nach dem Bericht des Verfassungskommitees im EU-Parlament, soll die Vergabe der EU-Gelder künftig von einer unabhängigen Beobachtungsstelle kontrolliert werden, die gegebenfalls auch Strafzahlungen verhängen kann. Um überhaupt in den Genuss der EU-Finanzierung zu kommen, müssen die Parteien auch Werte, die in den EU-Verträgen festgeschrieben sind, respektieren. Dieser Punkt ist bei einigen EU-Abgeordneten sehr umstritten. Bei der derzeitigen Plenarsitzung im EU-Parlament, die noch bis Donnerstag dauert, soll darüber abgestimmt werden. (tee, derStandard.at, 14.4.2014)