Foto: Severin Wurnig
Foto: Severin Wurnig

Vorarlberg verbindet man in der Regel mit nüchternem Holzbau. Die drei Architektinnen von miss-vdr begegneten dieser Vorahnung mit einer matt schimmernden Split-Level-Kiste aus Rheinzink und Beton.

Foto: Severin Wurnig

Grundriss OG

Plan: miss_vdr

Grundriss EG

Plan: miss_vdr

Grundriss UG

Plan: miss_vdr

Auf den ersten Blick könnte man nicht sagen, ob das Haus nagelneu ist oder schon länger so lässig auf der Hangkante des Sullnerbergs sitzt, fast so wie in einem grasgrünen Fernsehfauteuil. Kantig und rechtwinkelig zwar, wie man es aus Vorarlberg gewohnt ist, aber keine reine Tischlerarbeit. Werkstattcharme aus Trapezblech à la 70er- und 80er-Jahre.

Dabei hat der Alterungsprozess eben erst begonnen. Der kommenden Patina soll das Haus durchaus standhalten können.

Erstlingswerk von miss-vdr

Der Entwurf, ein Erstlingswerk, stammt von Theresa Häfele, Julia Nuler und Matthäa Ritter. Gemeinsam leiten die drei jungen Architektinnen das 2010 gegründete Büro miss-vdr in Wien. Auftraggeber sind die Eltern von Theresa Häfele, die nach dem Arbeitsleben in ihren Heimatort Sulz zurückgekehrt sind, um sich dort einen Ruhesitz für würdevolles Altern aufzubauen.

Dass in dieser Ruhe ein gehöriges Maß an Bewegung steckt und kein reines Einigeln am Kaminfeuer, ist auf den ersten Blick klar: Glasfronten mit raumhohen Schiebefenstern öffnen sich südseitig in die Landschaft. Um möglichst weit ins Rheintail und bis zum Bodensee schauen zu können, wurde das Haus leicht gedreht.

Fließende Bewegungen

"Unsere Idee war, das Gebäude als Landschaft zu sehen", erklärt Theresa Häfele. "Es geht mit dem Hang mit. Auf diese Weise konnten wir die sonst bei Hangbauten üblichen aufwändigen Erdarbeiten vermeiden."

Über Halbgeschoße arbeitet man sich in einer fließenden Bewegung durchs Gebäude. Durch die Anordnung in Split-Levels sind die Sprünge zwischen den Ebenen leichter zu überwinden. Ein späterer, ganz barrierefreier Umbau mit behindertengerechtem Bad ist ebenso möglich wie eine Trennung in eigenständige Wohneinheiten.

Metall statt Holz

Haustechnik und Nebenräume wurden in zwei mittig platzierten Kuben aus Sichtbeton versteckt. Ungewöhnlich fürs Ländle, das sonst gerne auf puristischen Holzbau setzt, ist jedoch die Fassade. Denn während im Innenraum helles Holz dominiert, ist das Haus an der Außenseite in matt schimmerndes Trapezblech gehüllt.

"Ursprünglich wollten wir ganz auf Holz setzen, aber dann fanden wir und die Bauherren Gefallen am Metall", sagt Matthäa Ritter. "Es reflektiert das Licht, und der Kontrast zum Himmel ist weniger stark." Das unbehandelte Rheinzink wird der Fassade in Zukunft eine schöne Patina verleihen.

Büroname als Wortspiel

Dank der Präzision des Vorarlberger Handwerks ist es gelungen, die drei Materialien Sichtbeton, Vollholz und Metall trotz geringer Bautoleranzen exakt ineinanderzufügen. "Dazu mussten schon sehr früh sehr viele exakte Details geplant werden", erinnert sich Theresa Häfele. Das Holz wurde innen bewusst roh belassen und verbreitet nun zirbelstubenfreie Behaglichkeit.

Mit dem Erstlingswerk sind die drei jedenfalls zufrieden. Der Büroname miss-vdr entstand spontan als "Wortspiel mit Augenzwinkern". Und man freue sich immer, wenn die Leute es enträtselten, so die drei Missen. Deswegen soll die nicht allzu schwierige Lösung hier auch nicht verraten werden. (Maik Novotny, DER STANDARD, 12.4.2014)