"Das akademische Leben ist also ein wilder Hasard." Dieses recht bekannte Zitat aus Max Webers Aufsatz "Wissenschaft als Beruf" hat sich in den vergangenen Monaten hierzulande wieder einmal bewahrheitet. Nicht aufgrund eines Wettbewerbs um öffentliche Mittel, der weltweit läuft, dem sich Wissenschafter in der Regel auch gar nicht entziehen wollen. Es war das starke Auseinanderdriften von Möglichkeiten und eigenem Talent, das in der österreichischen Scientific Community die Alarmglocken läuten ließ.

Der Wissenschaftsfonds FWF, der größte staatliche Förderer von rein grundlagenorientierter Forschung, drohte in einen Bewilligungsstopp zu schlittern, die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) hätte wohl etwa 100 Mitarbeiter kündigen müssen, wenn es Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) nicht gelungen wäre, für beide ein Minimalpaket im Finanzministerium zu sichern.

Mit starkem Rückenwind durch eine Online-Petition, die von Helga Nowotny, der früheren Präsidentin des Europäischen Forschungsrats (ERC), initiiert wurde. 51.000 Personen haben sie unterschrieben. Freitagmittag wird sie Finanzstaatssekretär Jochen Danninger (ÖVP) übergeben, allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Minimalpaket für den FWF

Das war aber vorerst auch schon alles, was möglich gemacht wurde: ein Minimalpaket, das dem FWF von 2016 bis 2018 wohl das kolportierte Basisbudget von etwa 180 Millionen Euro sichert. Im Vergleich zum derzeitigen Budget von 200 Millionen Euro sind das immer noch zehn Prozent weniger. Dieses Budget wurde zwar aus Rücklagen zusammengekratzt, aber immerhin war das möglich. Die Rücklagen fallen ab 2016 weg, weshalb ein Rückfall auf 100 Millionen Euro Budget drohte.

Nun könnte man mit mathematischer Genauigkeit sagen: 180 Millionen Euro sind deutlich besser als 100 Millionen – und niemand würde das bestreiten. Die Wissenschafter und Förderer, die die Entwicklung der Grundlagenforschung in Österreich in den letzten Jahren mitgestaltet haben, wissen aber, dass auch das nicht reicht, um den wissenschaftlichen Talenten im Land wirklich eine Chance zu geben.

Der FWF rechnete aus: Zuletzt fehlten 80 Millionen Euro, um wirklich alle förderwürdigen Projekte zu unterstützen. Es ist also schon jetzt eine Mindestsicherung für den Fonds. Immerhin wurde er nicht abrupt arbeitslos.

Das Beispiel des FWF zeigt, dass noch lange nicht alle Ziele erreicht sind. Es gibt zwar Möglichkeiten, über den Europäischen Forschungsrat und über das Programm Horizon 2020 Grants und Mittel einzuwerben, auch wird von Regierungsseite versprochen, endlich das Stiftungsrecht dahingehend zu ändern, dass Private leichter ihr Geld zur Verfügung stellen. Doch vieles bleibt noch zu tun. Vor allem die heimischen Universitäten warten noch immer auf die Absicherung ihrer Zukunft und vor allem der Zukunft ihrer Studenten. Die Studienplatzfinanzierung wurde auf die lange Bank geschoben.

Grundlagenforschung kein Selbstzweck

Das Gerangel um die Mittel für Wissenschaft und Forschung hat gezeigt, dass das Problem hierzulande tiefer liegt. Es fehlt am wirklich breiten politischen Verständnis dafür, dass Grundlagenforschung kein Selbstzweck ist, sondern ein Motor für die kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Österreich ist insofern weit weg von Deutschland, wo im Regierungsprogramm "verlässliche Aufwüchse" für die Wissenschaft versprochen und später auch gehalten werden.

Während im Nachbarland von Bundeskanzlerin Angela Merkel abwärts jeder verantwortliche Politiker über die Bedeutung der Grundlagenforschung in der Finanzkrise spricht, scheinen diese Aussagen hierzulande dem Wissenschaftsminister vorbehalten zu sein. Vizekanzler und Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP), der im Wahlkampf noch sechs Prozent Forschungsquote propagierte (Österreich liegt derzeit bei 2,81 Prozent), schweigt sich derzeit weitgehend aus.

Und so ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass die Übergabe der Petition ohne Medien abzulaufen hat. Ist der Druck der Wissenschafter so unangenehm, dass man auch nicht öffentlich dazu Stellung beziehen will? Kann man angesichts der Hypo-Krise nicht einmal kurz Luft holen und den Wissenschaftern Sympathie bekunden? Die deutsche Kanzlerin hätte in so einem Fall vermutlich zu einer Pressekonferenz geladen. Aber Österreich ist eben viel, viel kleiner. (Peter Illetschko, derStandard.at, 11.4.2014)