Die Hoffnung vieler Verbraucher in Deutschland, dass sie bald weniger für Strom bezahlen müssen, wird sich nicht erfüllen. "Was wir nicht versprechen können, ist, dass die Strompreise sinken", erklärte Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Dienstag, nachdem er sich mit der EU-Kommission auf Stromrabatte für die Industrie geeinigt hatte.

Es gehe jetzt darum, "die Dynamik des Anstiegs" bei den Strompreisen zu stoppen, so Gabriel. In Deutschland sind diese für private Verbraucher in den vergangenen zehn Jahren um 60 Prozent gestiegen. Laut Vergleichsportal verivox zahlte ein vierköpfiger Haushalt 2004 712 Euro an Stromkosten im Jahr. Jetzt sind es 1136 Euro. Die größte Belastung entsteht dabei durch die EEG-Umlage, mit der der Ausbau der erneuerbaren Energien finanziert wird.

Befreit davon sind jedoch Unternehmen, die besonders viel Energie brauchen, ihnen wird heuer ein Rabatt von 5,1 Milliarden Euro gewährt. Aus Wettbewerbsgründen war dies der EU-Kommission ein Dorn im Auge, in den vergangenen Monaten rang sie mit Berlin um die Rabatte.

Am Mittwoch jedoch konnte Gabriel zufrieden verkünden: "Es bleibt ungefähr bei dieser Größenordnung." Zwar verlieren rund 400 von 2100 Firmen die Privilegien, allerdings werden besonders energieintensive Betriebe künftig nur bis 0,5 Prozent ihrer Bruttowertschöpfung an der Umlage beteiligt. Die EU-Kommission hatte fünf Prozent vorgesehen.

Dass die Verbraucher die Industrierabatte auch künftig auffangen (mit rund 40 Euro/Jahr), stört Gabriel nicht: "40 Euro für einen Dreipersonenhaushalt im Jahr tauschen gegen ein paar Hunderttausend Arbeitsplätze, die man in Gefahr bringt - das hielte ich für ein frivoles Unterfangen."

Stabiler Preis bis 2017

Gabriel will den Strompreis bis 2017 stabil halten. Bis dahin soll das neue EEG-Gesetz gelten, das die Bundesregierung am Dienstag beschlossen hat. Ihr Ziel war es, die Förderungen für erneuerbare Energien so einzuschränken, dass einerseits die Ökostromumlage von derzeit 6,4 Cent je Kilowattstunde nicht noch weiter steigt und andererseits Investoren Planungssicherheit haben.

Einige Länder hatten allerdings massiv Front gegen die Regierungspläne gemacht. So wehrten sich die Nordländer Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern gegen starke Kürzungen bei der Windenergie. Bayern und Thüringen, wo es besonders viele Biogasanlagen gibt, pochten auf moderate Kürzungen bei ebendiesen Anlagen.

In Deutschland kommen rund 25 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien. Am meisten liefert der Wind, danach Biomasse und Photovoltaik. Bis 2025 sollen 40 bis 45 Prozent und 2035 dann 55 bis 60 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen.  (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, 9.4.2014)