Wien - Nicht, dass eine Verletzung erstrebenswert wäre. Schon gar nicht ein Trümmerbruch des linken Schlüsselbeins, wie ihn Thomas Daniel Ende Oktober des Vorjahres bei einem Sturz vom Pferd erlitten hat. "Aber als ich danach wieder trainieren konnte, stellte sich ein Gefühl ein, wie es nur ein Nachwuchssportler kennt. Ich habe innerhalb kurzer Zeit große Fortschritte gemacht."

Dieses Glücksgefühl hatte Daniel, der 2012 in London Olympiasechster im Modernen Fünfkampf gewesen war, jahrelang vermisst. "Wenn man so lange im Leistungssport ist wie ich, dann halten sich die Fortschritte trotz hohen Aufwandes normalerweise in Grenzen. Das macht dann manchmal Mühe im Kopf."

Zugsführer Daniel ist 28 Jahre alt und aus Schwarzach / St. Veit im Pongau. Nach der Hauptschule wollte der talentierte Fußballer eine sportlich orientierte Weiterbildung, wurde im Militärrealgymnasium Wiener Neustadt vorstellig und aufgenommen. Dort fiel er dem Sportlehrer Horst Stocker in die Hände. Oberst Stocker, 1984 in Los Angeles olympischer Fünfkämpfer, ist Daniels Trainer geblieben, zumal der in Wiener Neustadt geblieben ist, nun eben als Zeitsoldat an der der Militärakademie. "80 Prozent meiner Trainingsarbeit passiert hier."

Bis auf Repräsentation hat Daniel keine militärischen Pflichten, "in Uniform auf dem Heldenplatz den Leuten meinen Sport näher bringen, das mache ich gerne." Natürlich ist dieser Sport, den Pierre de Coubertin, Reanimator der olympischen Bewegung ins Leben gerufen hat, um ideale Athleten zu sehen, militärisch geprägt. Vor allem militärische Einrichtungen verfügen über die Infrastruktur, um dem Pistolenschießen, Degenfechten, Schwimmen, Springreiten und Crosslaufen fast gleichzeitig frönen zu können.

Rückkehr in die Weltspitze

Der jüngste Weltcup fand am vergangenen Wochenende auf dem Gelände der Polizeiakademie von Kairo statt. Daniel, der mit gewissen Bedenken nach Ägypten gereist war ("Die Sicherheitsvorkehrungen waren enorm"), klassierte sich mit Rang neun erstmals nach seiner Verletzung wieder im Spitzenfeld. Das davor letzte Topergebnis war ihm im Februar des Vorjahres mit Rang fünf in Palm Springs gelungen.

Die Rückkehr in die Weltklasse ist für den Fechtspezialisten, der im Schwimmen die größten Probleme hat, auch insofern eine Erleichterung, weil die Olympischen Spiele 2016 in Rio näher sind, als man glauben möchte. Daniel, der dem Projekt Rio angehört und sich deshalb über die Finanzierung seines Trainings und der sportmedizinischen und -psychologischen Betreuung nicht zu sorgen braucht, muss beständig unter den besten 20 Fünfkämpfern der Welt sein, um mit einiger Sicherheit zu jenen 36 Athleten zu zählen, die sich in seiner Sportart olympisch messen werden.

"Die Leistungsdichte ist vor allem in Europa sehr hoch geworden. Ich kann in dieser Saison noch einiges ausprobieren, etwa bei meiner Schusstechnik oder im Schwimmen, aber dann muss ich beständig sein." Dass Daniel ein Athlet ist, der auf dem Punkt in Form zu sein pflegt, ist also gewiss kein Nachteil. (Sigi Lützow, DER STANDARD, 08.04.2014)