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Konkurrierende Ansprüche zu Werken aus der Sammlung Gurlitt betreffen auch Henri Matisses Bild "Sitzende Frau" (um 1924).

Foto: APA/EPA/MARC MUELLER

München/Wien - Bereits Ende März ließ Kunstsammler Cornelius Gurlitt über seine Sprecher ausrichten, er wolle "Werke, die unter begründetem Raubkunstverdacht stehen", an die Eigentümer zurückgeben. Ein moralisches Bekenntnis, das nun auch schriftlich fixiert wurde.

Nur fünf Monate nach Bekanntwerden des spektakulären Münchner Bilderfundes (2012 hatten Steuerfahnder in Gurlitts Wohnung 1280 Kunstwerke beschlagnahmt) hat sich Gurlitt mit der deutschen Regierung geeinigt und einen Vertrag über den weiteren Umgang mit den Kunstwerken geschlossen. Darin sichert Gurlitt Anspruchstellern, die Eigentumsrechte geltend machen, auch "faire und gerechte Lösungen nach den Washingtoner Prinzipien, insbesondere durch Restitution" zu.

Im Detail erklärt sich Gurlitt in besagtem Vertrag dazu bereit, "im Falle einer Beendigung der Beschlagnahme dann auf freiwilliger Basis eine Provenienzrecherche zu ermöglichen". Werke aus dem sogenannten "Schwabinger Kunstfund", für die ein Raubkunst-Verdacht nicht ausgeschlossen werden kann, sollen überdies ein Jahr lang im "bisherigen gesicherten Gewahrsam" verbleiben, die Provenienzrecherche in diesem Zeitrahmen durch die Taskforce fortgesetzt werden, heißt es in dem am Montag veröffentlichten Papier von deutscher Bundesregierung, bayerischem Justizministerium und Gurlitt-Rechtsanwalt Christoph Edel.

Darin ist auch die Möglichkeit vorgesehen, einen selbstgewählten Wissenschafter in die vom Bund und dem Land Bayern finanzierte Taskforce zu entsenden. Nach Ablauf der Jahresfrist sollen die Kunstgegenstände jedoch an Gurlitt zurückgehen. Allerdings werden Werke, für die Restitutionsansprüche angemeldet wurden oder für die solche auch nur bestehen könnten, sogar danach noch in treuhänderischer Verwahrung verbleiben.

Unabhängig von dem für den "Schwabinger Kunstfund" geltenden Vertrag hatten Gurlitts Berater im März für den in Österreich befindlichen Teil seiner Sammlung (238 Objekte wurden im Februar aus seiner Salzburger Liegenschaft in ein Depot gebracht) eigenständige Provenienzforschung angekündigt. Dafür sollen internationale Experten gewonnen werden.

Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) freut sich über die einvernehmliche Lösung und das Wahrnehmen von moralischer Verantwortung seitens Cornelius Gurlitt. Kulturstaatsministerin Monika Grütters hielt fest, dass die getroffene Vereinbarung die "notwendige Grundlage für faire und gerechte Lösungen insbesondere durch Restitution" schaffe. Man setze, nicht zuletzt gegenüber dem Ausland, ein Zeichen, "NS-Unrecht auch 70 Jahre nach Kriegsende nicht weiter fortbestehen zu lassen".

Die bereits angekündigte erste Rückgabe eines Gemäldes verzögert sich jedoch. Denn die von der Taskforce vor zehn Tagen angekündigten konkurrierenden Ansprüche für einige Kunstwerke betreffen eben auch Henri Matisses Bild Sitzende Frau, das an die Erben des jüdischen Kunsthändlers Paul Rosenberg zurückgehen sollte. Es habe sich allerdings ein weiterer Anspruchsteller gemeldet. Dessen Ansprüche werden nun geprüft. (kafe, APA, DER STANDARD, 8.4.2014)