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Mölzers Aussagen seien zwar zu verurteilen, aber nicht strafrechtlich relevant, glauben Juristen.

Foto: apa/pfarrhofer

Der Staatsanwaltschaft (StA) Wien liegt bereits seit Ende vergangener Woche eine Anzeige gegen FPÖ-Spitzenkandidat Andreas Mölzer wegen Verhetzung vor. Das bestätigte deren Sprecherin auf derStandard-at-Anfrage. Die Sachverhaltsdarstellung stamme von einer "Privatperson", heißt es, sie werde derzeit geprüft. Es handle sich nicht um seine Anzeige, sagt Schriftsteller Michael Köhlmeier auf derStandard.at-Anfrage. Er werde wie geplant am Freitag ein Schreiben an die StA Wien richten.

Namhafte Juristen geben der Anzeige jedoch kaum Chancen auf Erfolg. Mölzer hatte auf einer Veranstaltung im Februar gesagt, die EU entwickle sich zu einem "Negerkonglomerat" und in Richtung eines "totalen Chaos".

Ein renommierter Anwalt, der nicht genannt werden will, weil er mit Köhlmeiers Aktion sympathisiert, sagt: "Symbolisch ist die Aktion wichtig. Aber die ganze Sache wird eingestellt, bevor es bei der Staatsanwaltschaft landet."

"Keine tiefgehende Beleidigung"

Auch der Innsbrucker Strafrechtler Andreas Venier glaubt nicht, dass es zu einem Strafverfahren gegen Mölzer kommt. Das Wort "N-Konglomerat" an sich sei zwar "nicht schön" und "so etwas sollte ein Politiker nicht sagen" – aber es gebe nun einmal enge Grenzen dafür, welche Verhaltensweisen "mit der harten Keule des Strafrechts" geahndet werden, und Mölzers Aussagen fielen nicht darunter. Eine Verhetzung liege dann vor, wenn jemand derart beschimpft wird, dass dadurch seine Menschenwürde verletzt wird. Das sei bei bloßer Verwendung des N-Worts noch nicht der Fall, meint Venier. Auch Mölzers Gleichsetzung des vermeintlichen "Konglomerats" schwarzer Menschen mit "totalem Chaos" erfülle nicht die strengen Kriterien des Verhetzungsparagrafen, so der Strafrechtler: Eine Gruppe pauschal als chaotisch darzustellen sei "keine tiefgehende Beleidigung".

Sollten die Strafverfolgungsbehörden dennoch glauben, dass Mölzer den Tatbestand der Verhetzung erfüllt hat, müssten sie ihm zusätzlich nachweisen, dass auf jener Veranstaltung, bei der er auch den "Drittes Reich"-Sager geäußert hat, mehr als 150 Menschen anwesend waren. Der zweite Absatz des Verhetzungsparagrafen, der laut Venier hier infrage kommen würde, erfordert nämlich, dass die Aussage vor einer "breiten Öffentlichkeit" gemacht wurde.

Neben Mölzers Bezeichnung "Negerkonglomerat" für die EU wird dem Herausgeber der deutschnationalen Zeitschrift "Zur Zeit" auch nachgesagt, dass er einen Artikel unter dem Pseudonym F. X. Seltsam verfasst hat, in dem dem "pechrabenschwarzen" Fußballer David Alaba quasi abgesprochen wird, ein "echter" Österreicher zu sein. Mölzer erklärte im STANDARD-Gespräch dazu nur, dass der Name des Verfassers "unter das Redaktionsgeheimnis fällt".

Anwalt: "Erwarte mir nicht viel"

Genau hier liege das juristische Problem, wie der Wiener Anwalt Georg Zanger erklärt: Zwar sei der Verdacht berechtigt, dass der Artikel dazu dienen sollte, nicht nur Alaba selbst, sondern auch andere Menschen schwarzer Hautfarbe herabzuwürdigen. Zanger traut der Staatsanwaltschaft aber nicht die Energie für die Recherche zu, wer den "Zur Zeit"-Artikel nun tatsächlich verfasst hat: "Ich erwarte mir da nicht allzu viel. Deswegen sind die Chancen, dass das eingestellt wird, sehr groß." Der Wiener Anwalt unterstellt der Staatsanwaltschaft, bei Anzeigen gegen die FPÖ nicht so streng zu sein wie in anderen Fällen – "es ist ein Unterschied, ob man ein Asylwerber ist oder Mölzer heißt". Zanger hatte im Mai 2010 gegen 57 Mitglieder der FPÖ Anzeige wegen ihrer Kontakte zu neonazistischen Organisationen eingebracht, der Fall war nicht vor Gericht gelandet.

Verhetzung ist im Paragraf 283 des Strafgesetzbuches geregelt, es ist ein Offizialdelikt - das heißt, die Staatsanwaltschaft müsste von sich aus tätig werden und entscheiden, ob sie ein Verfahren eröffnet. Bei einer Verurteilung drohen bis zu zwei Jahre Haft. (Maria Sterkl, Nina Weißensteiner, 7.4.2014)