Wien - Ein Großprojekt hat sich der isländische Künstler Ragnar Kjartansson für die nächsten drei Wochen in den Augarten-Räumen von Thyssen-Bornemisza Art Contemporary (TBA 21) vorgenommen. Bis zum 27. April wird dort ein Film gedreht, und die Aufnahmen sind als Performance unter dem Titel Das Schloss des Sommerlandes zu erleben.

Kjartansson, der im Vorjahr mit der Videoinstallation The Visitors bei TBA 21 zu Gast war, verfilmt den Roman Weltlicht des isländischen Literatur-Nobelpreisträgers Halldór Laxness (1902-1998). "Mit diesem Buch ist jeder in Island irgendwie verbunden", sagt der Künstler. Er ist mit einem Team von 17 Mitwirkenden angereist. Darunter befinden sich auch Laxness' Enkel Halldór Halldórsson, Kjartanssons Vater, der Regisseur Kjartan Ragnarsson, und der Komponist Kjartan Sveinsson, einst Mitglied der Band Sigur Rós.

Weltlicht, auf Deutsch erschienen bei Steidl, erzählt die Geschichte von Olafur Karason, einem passionierten Literaten mit ärmlicher Kindheit und traurigem Leben im Island der 1930er-Jahre. Laxness, ein glühender Kommunist, hat seinen Protagonisten Ende der 30er-Jahre aus den Tagebüchern des Volksdichters Magnus Hjaltason destilliert: Karason ist in eine breite sozialkritische Schilderung Islands eingebettet.

"Das Buch hat eine enorme Kraft", schwärmt Kjartansson. "Es ist zur Basis für mein Werk geworden." Eine Folge der "Gehirnwäsche" durch seinen Vater, der Weltlicht selbst dreimal adaptiert habe. Fasziniert von Karasons Sehnsucht nach Vollkommenheit und Laxness' Visionen von einer "Politik der Schönheit", taucht die Filmtruppe ab in die Welt der Hauptfigur.

Wer die Installation The Visitors kennt, deren Helden sich in einem romantisch verkommenen Herrenhaus breitgemacht und dort musiziert hatten, kann sich vorstellen, wie Das Schloss des Sommerlandes als Film aussehen wird: Ragnar Kjartansson ist bild- und soundgewaltig beim Erzeugen von Stimmungen, die - zugleich lässig und feierlich, humorvoll und melancholisch - auf Emotionalisierung der Betrachter angelegt sind. Ähnlich ansprechend könnten auch bestimmte Szenen während des performativen Drehs für dessen Live-Zuschauer werden. (Helmut Ploebst, DER STANDARD, 5.4.2014)