St. Pölten/Wien - Die niederösterreichischen Sozialdemokraten sind auf der Suche nach sich selbst. Ein gutes Jahr nach der Landtagswahl im März 2013 (mit dem Negativ-Rekordergebnis von 20,6 Prozent der Stimmen) und ein knappes Jahr vor den Gemeinderatswahlen im Frühjahr 2015 befindet sich die Partei mitten in einem Neufindungsprozess.

Funktionen nicht nur für Funktionäre

Die Stichworte, an denen man sich orientiert, stehen fest: "Offen", "modern" und "sozial" soll die Partei werden. Mehr junge Menschen will Matthias Stadler - seit einem Jahr statt Josef Leitner an der Parteispitze - gewinnen. "Das schafft man nicht mit Parteibüchern", sagt Stadler, der als Bürgermeister von St. Pölten kein Amt in der Landesregierung innehat. Er kann sich - nach dem Vorbild Kreiskys - vorstellen, auch Menschen mit Funktionen zu betrauen, die kein Parteimitglied sind.

Mit den Bezirksgeschäftsführern und Bezirksparteivorsitzenden gab es bereits "etliche Meetings", nach der EU-Wahl im Mai will Stadler dann die gesamte Basis in eine Parteiprogrammdiskussion hereinholen.

Roter Samthandschuh für ÖVP

Eine augenscheinliche Kurskorrektur hat Stadler schon vorgenommen: Unter seiner Führung fassen die Roten die ÖVP deutlich sanfter an. Josef Leitner war mit der mit absoluter Mehrheit regierenden Volkspartei auf Konfrontationskurs gegangen und hatte sich - obwohl die SP wegen des Proporzes mit in der Regierung saß und sitzt - wie ein Oppositioneller verhalten. Bei der Präsentation des Arbeitsübereinkommens der neuen Landesregierung vor einem Jahr sprach Stadler dann von "neuer Qualität im gegenseitigen Umgang", Landeshauptmann Erwin Pröll von Kooperation statt Konfrontation.

Mustergültig zeigt sich dieser Kurswechsel in Bezug auf die Veranlagungen der Wohnbaugelder, einst Thema Nummer eins für die SP im Landtagswahlkampf. Nun hat die SP aber an im März verabschiedeten Regelungen mitgearbeitet, die künftig Hedgefonds und exotische Derivate im Landesportfolio verbieten. Die Richtlinien gehen den Grünen und der FP nicht weit genug - werden aber von SP-Seite vehement verteidigt. "Die Veranlagungen des Landes stehen nun auch bei der SPÖ außer Streit", berichteten die "Niederösterreichischen Nachrichten" daraufhin. Die SP bekenne sich nun wieder zum Veranlagen.

Ob Stadler mit Gepolter gegen riskante Finanzgeschäfte glaubhaft wäre, ist eine andere Frage: Hat doch die Stadt St. Pölten selbst ihre liebe Not mit einem Zins-Swap-Deal, den sie bei der Raiffeisenbank abgeschlossen hat. (Gudrun Springer, DER STANDARD, 4.4.2014)