"Ein Steuergeschenk für einige wenige" sieht die Arbeiterkammer in der geplanten Reform der Grunderwerbsteuer.

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Wien – Aufruhr in der SPÖ: Quer durch die Partei wächst Protest gegen die geplante Reform der Grunderwerbsteuer. So fallen die Stellungnahmem von Gewerkschaftsbund und Arbeiterkammer vernichtend aus. "Wir lehnen den Gesetzesvorschlag ab und wollen, dass er überarbeitet wird", sagt Bernhard Achitz, leitender Sekretär des ÖGB zum STANDARD.

Vorgeschichte: Der Verfassungsgerichtshof hatte Teile der geltenden Regelung aus den gleichen Gründen ausgehebelt, wie schon andere Gesetze davor. Nicht der Marktwert von Immobilien ist für die Grunderwerbsteuer bei Vererbungen und Schenkungen maßgeblich, sondern der veraltete und damit günstige Einheitswert – unzulässig laut Höchstrichter. Ohne Reparatur wäre die Sonderbehandlung ausgelaufen, was durchaus im Sinne der SPÖ wäre. Schließlich fordert diese eine Erbschaftssteuer sowie eine realistische steuerliche Bewertung von Grundstücken.

Einheitswert bleibt, Familienbegriff wird ausgeweitet

Mit der ÖVP ausgehandelt hat die Kanzlerpartei allerdings eher das Gegenteil. Der Einheitswert bleibt ein Maß der Dinge, und zwar nun für alle Übertragen im Familienverband, ob vererbt, verschenkt oder verkauft. Der Familienbegriff wird dabei ausgeweitet, auch Geschwister, Nichten und Neffen sind inkludiert.

Der ÖGB schließt sich nicht nur der Meinung von Rechtsexperten wie Werner Doralt (DER STANDARD berichtete) an, dass auch die Neuregelung der Verfassung widerspreche. Achitz lehnt das Gesetz auch aus verteilungspolitischen Gründen ab, zumal große Teile des begünstigten Grund und Bodens in wenigen Händen lägen.

"Geschenke an einige wenige"

Ähnlich die Arbeiterkammer, die in ihrer offiziellen Stellungnahme von "großzügigen Steuergeschenken an einige wenige" spricht und frisch eingeführte Zuckerl anprangert: So gelte der Freibetrag von 365.000 Euro nicht mehr wie bisher für nur bei unentgeltliche Unternehmensübergaben, sondern auch bei Verkäufen. "Es scheint kein Steuergesetz mehr zu geben ohne neue klientelpolitische Begünstigungen", urteilt die AK und kündigt Klage beim Höchstgericht an.

Auch im SP-Klub imNationalrat regt sich Kritik, wenn auch unter Rücksicht auf die Parteidisziplin hinter vorgehaltener Hand. Für "absurd" hält ein Mandatar den Entwurf: "Wir rennen mit geschlossenen Augen ins Desaster."

Kein "Ersatzschlachtfeld"

Kommentar dazu aus dem Büro von SP-Finanzstaatssekretärin Sonja Steßl: Kein Kommentar, ehe die offizielle Begutachtungsfrist für das Gesetz nicht mit Freitag, ausgelaufen ist. Begründungen für die Zustimmung zum umstrittenen Kompromiss sind aus roten Regierungskreisen nur "off records" zu erhalten. Die Grunderwerbsteuer eigne sich nicht als "Ersatzschlachtfeld" im Kampf um die Erbschaftssteuer, heißt es, weil der Erlös von zuletzt 750 Millionen fast gänzlich den Gemeinden und nicht dem Bund zugute komme und überdies der umstrittene, von der Neureglung betroffene Anteil finanziell vernachlässigbar sei.

Wie konsequent die Kritiker in der SPÖ sind, wird sich in den nächsten Wochen zeigen: Die Regelung soll am 23. Mai als Begleitgesetz zum Budget beschlossen werden, bis dahin ist Zeit für Änderungen. Nein werden nach derzeitigem Stand jedenfalls die Grünen sagen. Budgetsprecher Bruno Rossmann sieht in der Novelle eine vergebene "Riesenchance", die Einheitswerte endlich auf die realistischen Verkehrswerte umzustellen: Dass vererbte und verschenkte Immobilien nicht "fair" besteuert würden, sei ein Hohn für das von der ÖVP propagierte Prinzip der Leistungsgerechtigkeit.

Grüne Kritik

In vielen Fällen sei die neue Regelung sogar noch günstiger als die alte, kritisiert Rossmann. Beispiel: Erbt ein Geschwisterpaar ein Haus, woraufhin der einem dem anderen seinen Anteil verkauft, ist künftig der günstige Einheitswert maßgeblich und nicht wie bisher der Verkehrswert. Wenn für solche Begünstigungen das Budget belastet werde, gehe sich Senkung der Lohn- und Einkommensteuer nie aus, sagt der Grüne. Seine Alternative: Die unentgeltlichen Weitergaben von der Grunderwerbsteuer befreien, dafür eine neue Erbschafts- und Schenkungssteuer einführen. (Gerald John, DER STANDARD, 4.4.2014)