Der Oberste Gerichtshof in Washington hat mit einer knappen Entscheidung die Schleusen geöffnet – in Zukunft kann also noch mehr Geld privater Sponsoren in US-Wahlkämpfe fließen. Mit fünf gegen vier Stimmen beschloss das neunköpfige Gremium, bisher geltende Beschränkungen aufzuheben, mit dem Argument, dass sie dem Recht auf freie Meinungsäußerung widersprechen.

Ein Geschäftsmann, der hohe Dollarbeträge aufs Spendenkonto einer Partei überweist, macht nach dieser Lesart von seinem im Grundgesetz verankerten Recht Gebrauch. Ihn daran zu hindern, so die Logik der Richtermehrheit, wäre verfassungswidrig. Der Staat habe zwar starkes Interesse, "Korruption in all ihren Erscheinungsformen zu bekämpfen" , schrieb John Roberts, der Vorsitzende des Supreme Court, in seiner Begründung. Allerdings gehe es dabei nur um bestimmte Formen politischer Korruption, um Bestechung für eine unmittelbare Gegenleistung.

Das Verdikt unterschätze, wie wichtig es sei, "die Integrität unserer Institutionen zu schützen", widersprach Stephen Breyer, der die Meinung der Minderheit zu Papier brachte, jener vier liberalen Richter, deren Ansichten sich häufig markant von denen ihrer fünf eher konservativen Kollegen unterscheiden. Damit würden die Gesetze zur Kampagnenfinanzierung zu einem wirkungslosen Torso reduziert.

Bei dem Urteil handelt es sich um die wichtigste Weichenstellung seit 2010, als der Supreme Court Unternehmern ebenso wie Gewerkschaften gestattete, praktisch unbegrenzte Summen für Wahlkämpfe auszugeben. In der Praxis führte das vor dem Präsidentschaftsvotum 2012 zu einer wahren Gründungswelle so genannter Super-PACs, politischer Aktionskomitees, die nicht selten von milliardenschweren Tycoons finanziert wurden.

Nun rechnen Experten damit, dass das Geld statt in die Super-PACs wieder stärker direkt an die Parteien fließt. Nach den alten Regeln durfte eine Einzelperson pro Kampagne maximal 74.600 Dollar für die Summe aller Parteien und höchstens 48.600 Dollar für alle von ihr bedachten Kandidaten spenden. Nun steigt das Gesamtlimit auf 3,6 Millionen Dollar. (Frank Herrmann aus Washington /DER STANDARD, 3.4.2014)