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Manuel Valls ist Frankreichs neuer Premierminister.

Foto: REUTERS/Christian Hartmann

Die Spanier kommen! Nach Anne Hidalgo, der neuen Pariser Bürgermeisterin, verschlägt es noch ein spanisches Polittemperament in die hohe französische Politik. Der neue Premier Manuel Valls kam 1962 in Barcelona als Sohn eines katalanischen Malers und einer südschweizerischen Mutter auf die Welt. Wie Hidalgo flüchtete er mit seiner Familie vor der Franco-Diktatur nach Frankreich, studierte, erhielt in jungen Jahren die französische Staatsbürgerschaft und engagierte sich in der Sozialistischen Partei.

Valls blieb allerdings stets am (rechten) Rand und kritisierte das "marxistische Über-Ich" seiner Genossen. 1988 wurde er Berater des früheren Premierministers Michel Rocard, 2001 Bürgermeister der großen Pariser Vorstadt Evry. Schon damals spielte ihm sein Ehrgeiz einen Streich; einmal filmte ihn eine Kamera ohne sein Wissen, als er einem Berater zuraunte: "Stell mir etwas mehr Weiße hin, mehr Whites, mehr Blancos." Die Maghrebiner und Afrikaner durften bei dem öffentlichen Anlass aus der zweiten Reihe applaudieren.

Seinen nationalen Durchbruch schaffte Valls vor den Präsidentschaftswahlen 2012, bei denen er sich parteiintern als Außenseiter bewarb. Er unterlag zwar klar gegen François Hollande. Doch dieser machte ihn zum Sprecher seiner Wahlkampagne und nach seiner Wahl in den Élysée-Palast zum Innenminister.

Dabei bestätigte Valls seinen Ruf als "linker Sarkozy". Mit einem guten Riecher für Kommunikation ausgestattet, setzte er sich als "oberster Flic" (französisch für Polizist) im Kampf gegen Drogenhändler und Banlieue-Banden in Szene. Seine Erfolge waren allerdings eher bescheiden: Weder in Korsika noch in Marseille gelang es ihm, die Kriminalität wirklich einzugrenzen.

Mit der Parteilinken und den Grünen verscherzte er es sich endgültig, als er die harte Ausländerpolitik Sarkozys fortsetzte und die Roma wegen ihrer "extrem unterschiedlichen Lebensart" als "kaum integrierbar" bezeichnete. Ein Kadermitglied des Front National streute noch Salz in die Wunde: "Man könnte Valls fast die Mitgliedskarte im FN verleihen."

Seiner Popularität tut dies jedoch keinen Abbruch. 20 Prozent der Französinnen wünschen sich eine Liebesnacht mit dem Gatten einer Violinistin und vierfachen Vater. Bürgerliche Wähler finden zu seiner Premier-Ernennung gnädigere Worte als viele Sozialisten. Hollande sei gewarnt: Sein Premier könnte ihm bald Konkurrenz machen. (Stefan Brändle, DER STANDARD, 2.4.2014)