Ich bin zu treu. Zu treu für die Grundidee des Pintxo. Das Konzept: ein Häppchen, ein Minibier - und weiter in die nächste Bar. Ich bleibe, gebannt von der Pracht des Angebots, und esse und bestelle und esse und bestelle. Nicht in jeder Bar, die mir in Bilbao unterkommt. - Manche, auch hoch gelobte Hütten, hab ich nach spätestens einem Tellerchen verlassen. Aber dazu kommen wir noch in Teil 3 des Schmeck's-Schwerpunkts über Häppchenjournalismus.

Erst kommt ein herausragender Hängenbleiberschuppen. Und nicht einmal in der Altstadt, wo sich die Pintxobars besonders drängen. In die verschlägt uns dann das letzte Häppchen - ein Hahnenkamm der Extraklasse. Ein Abstecher - schon damit ich den Pintxo-Gedanken hier nicht allzu arg pervertiere mit meinem Hockenbleiben.

Fängt ja nicht gerade sensationell an - jedenfalls optisch: Blätterteig-Polsterzipf, gefüllt mit Gemüse, Curry und Couscous. Lässt aber die Augen der Wunderbaren gleich noch ein paar Lumen heller strahlen. Nein, wir waren beide keineswegs illuminiert im El Globo im Shopping-Bezirk von Bilbao.

 

 

Foto: Harald Fidler

Artischocken-Tempura mit ein bisserl Schinken - ging auch an die Wuderbare, ich durfte begeistert kosten.

Foto: Harald Fidler

Bevor Sie denken, ich hätte Hunger leiden müssen: Hier kommen wir in meine Regionen. Morcilla, dunkel-cremige Blutwurst also, mit Sesam. Schweres Kaliber zum Anfang, mehr als schwer okay.

Foto: Harald Fidler

Dieses eher unscheinbare Ding war schuld, dass ich unbedingt ins Globo wollte: Zugegeben, Txangurro gibt's natürlich nicht nur hier, aber dieses eher langweilig aussehende Stück Überbackenes birgt schon meer von der Teufelskrabbe. Wenn diese gefundene Übersetzung stimmt - sachdienliche Hinweise immer willkommen!

Foto: Harald Fidler

Mein Favorit aber sieht Grün: Unter dem knackig-frischen Algengrün stoße ich auf innere Werte des Flossentiers. Mein hausbackener Verdacht: Fischbeuschel.

Foto: Harald Fidler

Zugegeben, es gibt schönere Pintxos. Aber zählen nicht die inneren Werte unter dem Überbackenen? Eben: Ein wunderbar zarter Mollusk sitzt hier ausgezeichnet in seiner eigenen Tinte.

Foto: Harald Fidler

Wo wir schon bei der inneren vor äußerer Schönheit waren: Die Wunderbare spricht von einer Art Kartoffelauflauf mit Speck und Zwiebeln. Mit diesen besonders leuchtenden Augen, auch wenn das Tellerchen nun nicht so wirklich schön anzuschauen war. Ich durfte kosten und kann berichten: sehr gut, blieb am längsten präsent unter all den Häppchen. Anders gesagt: selten schöner aufgestoßen.

Foto: Harald Fidler

Schicker, aber keineswegs besser: Spießchen mit Shrimp, Wachtelei, Spargel und Kaper. Hat mich jetzt nicht ganz so begeistert, war aber auch schon ein bisschen satt. Aber die Sardine auf Sardinentatar im Hintergrund glich den kleinen Durchhänger locker aus.

Foto: Harald Fidler

An diesem Punkt war mir doch nach ein bisschen Fleisch - und da stand auf der Bar gerade dieser Pintxo vor mir. Nehm ich. Der sehr oberflächliche Blick trog - Thunfisch, sehr kurz angebraten. Würd ich schon länger nicht mehr bewusst bestellen. Aber wenn er jetzt schon bezahlt und warm auf meinem Tischerl steht: Zwar kein kreativer Höhepunkt, mit den kräftigen Rotweinzwiebeln aber doch ziemlich gut. Für - grob erinnert - zusammen kaum 40 Euro. Könnte mir bitte jemand eine vernünftige Tapas-Bar in Griffweite stellen?

Am besten...

Foto: Harald Fidler

... eine Tapas-Bar, die mir auch solche Portionen serviert: Herrlich fetter Hahnenkamm auf nicht gerade trockenem Pilz und einer Andeutung von Weißbrot, grobes Salz - herrlich. Mögen mehr österreichische Hähne jenes Alter erreichen, das ihre Kämme so schwellen lässt.

Solche Häppchen gibt's, von Ottakring aus betrachtet, leider eher nicht in Griffweite, aber im eher rustikalen Xukela in Bilbaos Altstadt. Für kaum zwei Euro nach meiner Erinnerung. Empfohlen übrigens - zurecht wie das El Globo - von El Cocinero Fiel. Und den Blog wiederum kann ich - zumindest für Bilbao - wärmstens empfehlen.

Demnächst hier: ziemlich schicke Pintxos, die raschen Aufbruch stark erschweren. Bleiben Sie dran. (Harald Fidler, derStandard.at, 8.4.2014)

Hier geht's zum ersten Pintxo-Teil: Häppchen-Journalismus, ziemlich gebacken

Foto: Harald Fidler