Der Tiroler Komponist Werner Pirchner. 

Foto: Filmladen

Wien - Er war nicht nur im schönen Tirolerland, dessen als beengend empfundene Wertetraditionen Werner Pirchner satirisch durchleuchtete, eine heitere Provokation. Eigentlich war er dies auch für jene komponierende Zunft, die sich als Material erforschende Moderne verstand. Bei Pirchner, der tonal komponierte, zeigte sich nämlich, dass Innovation und Originalität miteinander - auf befruchtende Art und Weise - so gar nichts zu tun haben mussten. Pirchner war - im Sinne des Avantgardeanspruchs - nicht innovativ, dennoch hochinspiriert. Also: ein ernsthafter Komponist und handwerklich versierter Autodidakt, der alles akademische Regelwerk durch den Kakao pointierter Infragestellung zog.

Und: Er war der Bewohner jener liberalen Stilwelt, in der sich Volksmusik, Jazz und Klassik auf Augenhöhe unterhielten und die Errungenschaften von Karl Valentin und Monty Python durchschimmerten.

Dieser ungebändigte Kunstzugang schimmert in der nett dahinplätschernden Doku D.U.D.A.! von Regisseur Malte Ludin durch: Man sieht Notenblätter, auf denen bei der Taktbezeichnung statt der Ziffer Vier ein weingefülltes Viertelglas abgebildet steht. Man wird auch - leider nur kurz - an den internationalen Aspekt in Pirchners Karriere erinnert. Zusammen mit dem Gitarristen Harry Pepl hat der Vibrafonist Pirchner ein "JazzZwio" betrieben, dessen subtil brennende Kammermusik europaweit Beachtung fand - bis sich Pirchner entschloss, nur noch Komponist zu sein.

Thematisiert wird natürlich auch das 1973 erschienene Halbe Doppelalbum, dessen gesellschaftskritischer Duktus Pirchner nicht nur Freunde eintrug, eine Entwicklung, die durch den anschließenden Film Der Untergang des Alpenlandes noch verstärkt wurde. Immerhin aber: Erwin Steinhauer erzählt, dass man mit Zitaten aus Pirchners Doppelalbum in der studentischen Damenwelt jener Tage durchaus Sympathien einheimsen konnte. Es zeigt: Pirchner war kein tragischer Outlaw. Er war der respektierte Komponist, dessen verspielten Zugang zur Musikgeschichte schließlich auch der ORF an sich zog. 1994 wurde Pirchner mit der Neugestaltung des Sound-Designs für Ö1 beauftragt, deren lustige Ergebnisse bis heute noch zu hören sind.

Ein Nachteil der Doku: Kommen Fans wie André Heller, Tobias Moretti und Autor Felix Mitterer rührend zu Wort wie auch Kabarettist Josef Hader, so bleibt Pirchner als Exeget eigenen Schaffens eher unterbelichtet. Dennoch natürlich sehenswert - als Erinnerung an einen leider etwas Vergessenen. (Ljubiša Tošic, DER STANDARD, 1.4.2014)