Rübenkohlblüte mit bestäubender Hummel und einer Raupe – ihrem Schädling.

Foto: UZH

Zürich - Blütenpflanzen können ihre Duftstoffe flexibel einsetzen. Steht die Bestäubung im Vordergrund, locken sie Insekten mit ihrem Duft aus der Blüte an. Werden sie von Schädlingen befallen, verringern sie die Abgabe von Blütenduftstoffen und ziehen dadurch mehr nützliche Partnerinsekten für die Abwehr an. Dies konnte nun ein schweizerisch-italienisches Forscherteam anhand einer dem Raps nahe verwandten Pflanze nachweisen.

Blütenpflanzen locken mit ihrem Duft aus der Blüte und mittels auffälliger Farben bestäubende Insekten an. Werden sie dagegen von Fraßinsekten wie Raupen befallen, ziehen sie mit Hilfe von Duftsignalen aus den Blättern Nützlinge wie Schlupfwespen an, die ihre Eier in die Raupen legen und so die Schädlinge töten. Blüten- und Blattduftstoffe können ihre Attraktivität gegenseitig verringern, daher stehen Blütenpflanzen vor einem Dilemma: Sollen sie ihre Ressourcen für das Anlocken von bestäubenden Insekten und damit für die Fortpflanzung aufwenden, oder investieren sie eher in die Abwehr von Fraßinsekten?

Die Forscher um Florian Schiestl von der Universität Zürich berichten aktuell im Fachblatt "New Phytologist": Pflanzen sind in der Lage, ihr Duftbouquet den aktuellen Erfordernissen anzupassen, um dadurch die jeweils erforderlichen Partnerinsekten oder Nützlinge gezielter anzulocken.

Blätter- vs. Blütenduft

Die Forscher untersuchten die Reaktionen von Rübenkohl ­– einer essbaren und dem Raps nahe verwandten Blütenpflanze – nach Befall durch Fraßinsekten. Es zeigte sich, dass die befallenen Pflanzen ihren Blütenduft stark einschränken, um mit Duftsignalen aus den Blättern Schlupfwespen anzuziehen. "Durch die Verringerung des Blütendufts verliert die Pflanze an Attraktivität für Insekten, die sie bestäuben; sie wird aber dadurch gleichzeitig für die Schlupfwespen attraktiver", erklärt Schiestl. Nach dem Befall mit Fraßinsekten und dem Anlocken der Wespen produzieren die Pflanzen mehr Blüten, um die geringere Attraktivität zu kompensieren und damit bestäubende Insekten anzuziehen. "Blütendüfte stehen somit in einem komplexen Spannungsfeld mit anderen Duftstoffen, die ebenfalls für die Pflanze nützliche Insekten anlocken", so Schiestl.

Die Resultate zeigen wichtige ökologische Zusammenhänge beim Anlocken von Partnerinsekten einer Pflanze. Die neuen Resultate könnten für den biologischen Anbau von Nutzpflanzen relevant werden: "Man könnte versuchen, mit wenig duftenden Sorten die Anlockung von Schlupfwespen zu optimieren, und mit stark duftenden Sorten die Anlockung von Bestäubern." (red, derStandard.at, 31.3.2014)