Die "Bachmann-Kolonie" in der Wegenergasse im Grazer Stadtteil Waltendorf wurde von 1910 bis 1914 errichtet und soll wegen ihrer architektonischen Qualität unter Ensembleschutz gestellt werden.

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Wien/Graz - Das Denkmalschutzgesetz (DMSG) ermöglicht neben dem Schutz von Einzelgebäuden auch die Unterschutzstellung von gesamten Ensembles. So können Gruppen von unbeweglichen Gegenständen wegen ihres geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Zusammenhanges, einschließlich ihrer Lage, ein Ganzes bilden, weshalb ihre Erhaltung als Einheit (Ensemble) im öffentlichen Interesse gelegen sein kann.

Da einerseits das Denkmalschutzgesetz keine klaren Regelungen für die Spezifika der Unterschutzstellung derartiger Ensembles vorsieht, und aufgrund teilweise sehr vehementen Widerstandes auch der betroffenen Kommunen, wurden einige Verfahren nicht weiterverfolgt. Dies war etwa beim historischen Stadtkern von Hallstatt der Fall, das 2010 unter Ensembleschutz gestellt hätte werden sollen.

Nunmehr werden zunehmend Ortskerne, Hauptplätze und Straßenzüge in den unterschiedlichen Bundesländern einer Prüfung durch das Bundesdenkmalamt (BDA) unterzogen, ob nicht ein Interesse an der Unterschutzstellung als Ensemble besteht. Dies geschieht wohl auch aufgrund frei gewordener personeller Kapazitäten; die von Gesetzes wegen unter Denkmalschutz stehenden relevanten kirchlichen und öffentlichen Gebäude mussten bis 2009 einer Einzelprüfung unterzogen werden.

Grazer "Bachmann-Kolonie"

Ein aktuelles Beispiel hierfür ist das derzeitige Verfahren betreffend die geplante Unterschutzstellung der "Bachmann-Kolonie" in der Wegenergasse in Graz-Waltendorf. Besonders relevant ist, dass die Ensembleunterschutzstellung unabhängig davon ist, ob einzelne Gebäude dieses Ensemble als Einzeldenkmal bereits unter Schutz stehen oder eine Einzelunterschutzstellung in Erwägung gezogen wird.

Da die Unterschutzstellung (unabhängig ob als Einzeldenkmal oder als Ensemble) - in der Regel jedenfalls kurzfristig - zu einer Wertminderung der betroffenen Gebäude führt und diese somit einen gravierenden Eigentumseingriff darstellt, ist bei derartigen Verfahren besonders behutsam und unter genauer Wahrung der von Gesetzes wegen vorgesehenen Parteienrechte vorzugehen.

Das BDA sieht sich bei derartigen Verfahren mit einer Vielzahl von oft hunderten Betroffenen vor schwierige rechtliche Verfahrens- und Abwicklungsfragen gestellt.

Wie viel Mitspracherecht?

Bedauerlicherweise kommt es in der Praxis aber teilweise zu Missverständnissen (auch in der Kommunikation) durch das BDA als Behörde; so gab es vereinzelt sogar Fälle, wo - auch medial - die Meinung vertreten wurde, dass betroffene Liegenschaftseigentümer kein Mitspracherecht hätten. Dies deckt sich nicht mit den gesetzlich explizit vorgesehenen Parteienrechten. Darüber hinaus besteht ein Spannungsverhältnis zwischen geplanten Einzelunterschutzstellungen und dem - oft parallel - erfolgenden Ensembleschutz.

Dahingehend ist insbesondere zu beachten, dass aufgrund des unterschiedlichen Parteienkreises und der damit zusammenhängenden geschützten subjektiven Rechte Ensembleunterschutzstellungsverfahren nicht gemeinsam mit Unterschutzstellungsverfahren für Einzelobjekte geführt werden dürfen - und dies selbst dann, wenn die Einzeldenkmale Teil des geplanten Ensembles sind. Für betroffene Liegenschaftseigentümer kann nicht nur die Abwehr der Unterschutzstellung des Ensembles relevant sein, sondern oft auch die Abwehr der Einbeziehung ihres konkreten Gebäudes in das Ensemble (z. B. mangels Bausubstanz aus derselben Epoche). Ferner kann das Vorliegen eines relativ großen Ensembles ein wesentliches Indiz dafür sein, dass dem einzelnen Objekt - mangels Einzigartigkeit - gerade kein Schutzinteresse zukommt.

Während die Regelungen des Ortsbildschutzes das Stadtbild in seiner äußeren, grundsätzlich rekonstruierbaren Erscheinung schützen, zielt der Denkmalschutz und somit auch der Ensembleschutz auf die Erhaltungswürdigkeit von Objekten aufgrund ihres besonderen eigenen Wertes ab. Diese Unterscheidung ist somit für die Frage, ob ein Ensembleschutz gerechtfertigt ist, essenziell und stets zu beachten.

Um Verfahren in Zukunft zu erleichtern und vor allem um die Rechtssicherheit für betroffene Liegenschaftseigentümer und Gemeinden sicherzustellen, führt unseres Erachtens kein Weg an einer gesetzlichen Klarstellung vorbei.  (Wolfram Schachinger, Thomas Neger, DER STANDARD, 31.3.2014)