Wuchs innerhalb von Stunden auf über 100.000 Zustimmungserklärungen an: Die Oppositions-Petition für einen Hypo-U-Ausschuss.

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Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Die Petition zur "umfassenden Aufklärung des Hypo-Alpe-Adria-Finanzdebakels und Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses" wurde bis Donnerstagvormittag von mehr als 100.000 Personen unterzeichnet.

Waren es kurz nach 10 Uhr noch 100.060 Zustimmungserklärungen, wuchs ihre Zahl innerhalb der nächsten halben Stunde auf 100.299, bis zum frühen Nachmittag gar auf 102.614.

Dabei schien die Petition vergangene Woche schon so gut wie verräumt. Die Regierungsparteien drängten darauf, das von FPÖ, Grünen, Team Stronach und Neos eingebrachte Begehr dem Finanzausschuss zuzuweisen. In der Folge wurde die Sitzung vertagt, später wurde einstimmig beschlossen, schriftliche Stellungnahmen von Kanzleramt und Finanzministerium zur Frage der Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zum Thema Hypo Alpe Adria einzuholen. Dafür ist jetzt bis Juni Zeit: Erst dann findet die nächste Sitzung statt.

Opposition ungewohnt einig

Erfreut über die zahlreichen Unterstützer zeigte sich die Opposition und demonstrierte Einigkeit. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hoffte am Donnerstag auf ein "rasches Umdenken" bei der Regierung. Die Einrichtung der Untersuchungskommission sei "blanker Hohn" und zeige nur das schlechte Gewissen der Regierung. Strache richtete auch einen Appell an Bundespräsident Heinz Fischer, die Sturheit der Koalition aufzubrechen. Fischer helfe sonst dabei mit, die parlamentarische Kontrolle "auszuhebeln".

Der grüne Finanzsprecher Werner Kogler pflichtet Strache bei. "Es ist einer der seltenen Momente, wo ich Strache nicht widerspreche", sagte er. Das Vorgehen der Regierung sei "dreist", und "noch dreister" sei der Versuch gewesen, die Petition abzudrehen. Kogler appellierte an die Abgeordneten der Regierungsparteien, ihr freies Mandat zu nutzen und für einen Untersuchungsausschuss zu stimmen.

Team-Stronach-Klubobmann Robert Lugar sah die Petition als Akt der "parlamentarischen Notwehr", er glaubt an die Einsetzung eines U-Ausschusses bis Herbst. Auch Neos-Chef Matthias Strolz ist davon überzeugt, dass der Druck auf die Regierung "ins Unendliche steigen" werde: "Wenn man die Untersützungserklärungen stapeln würde, wäre der Stapel so hoch wie die Pallas Athene vor dem Parlament."

Jetzt kommt neuer Stoff hinzu: Die Bürgerinitiative des Kabarettisten Roland Düringer ist mittlerweile online und fand bereits an die 1000 Unterzeichner.

Dass die Regierung rücktrittsreif ist, sehen vor allem Strache und Kogler. Sie habe ein Minderheitenrecht für Untersuchungsausschüsse bereits vor der Wahl zugesichert und sich nicht daran gehalten. 

Holzinger verließ den Saal

Am späten Donnerstagvormittag sprangen schließlich sämtliche Oppositionsabgeordnete von ihren Sitzen und hielten das ein Taferl mit der Aufschrift "Hypo-Petition: 100.000" hoch . Eingepeitscht hatte die Zettel-Aktion Grünen-Vize Werner Kogler, der die Zahl der Unterstützer als Ausdruck des unbändigen Willens der Bevölkerung, Aufklärung zu erhalten, interpretierte. Die Koalitionsabgeordneten forderte er auf, von ihrem freien Mandat Gebrauch zu machen und einem U-Ausschuss zuzustimmen.

Damit stieß er jedoch auf taube Ohren: Die Abgeordneten von SPÖ und ÖVP stimmten gegen einen U-Ausschuss. Allein SPÖ-Abgeordnete Daniela Holzinger verließ während der Abstimmung aus Protest den Saal.

U-Kommission soll in ein bis zwei Wochen stehen

Die von der Regierung zur Hypo Alpe Adria eingesetzte Kommission soll in ein bis zwei Wochen stehen. Das kündigte die frühere Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Irmgard Griss, im Gespräch mit der APA an. Nach jetzigem Stand soll ihr Team bis zu fünf Mitglieder haben und noch heuer einen Bericht vorlegen. "Vorzensur" will Griss dabei nicht akzeptieren. Als Ersatz für einen U-Ausschuss sieht sie die Kommission nicht.

Griss selbst - sie bezieht eine Pension als ehemalige Richterin - wird ehrenamtlich tätig sein. In einem Werkvertrag mit der Regierung wird unter anderem ihre Verschwiegenheitspflicht geregelt. Griss geht daher davon aus, dass sie Zugang zu sämtlichen notwendigen Unterlagen erhält: "Mir ist zugesichert worden, dass ich Unterlagen auch bekomme, wenn sie unter der höchsten Geheimhaltungsstufe stehen."

Druckmittel Rücktritt

Sollte sie notwendige Unterlagen nicht erhalten, will sie zurücktreten: "Wenn man das Gefühl hat, es bringt gar nichts, weil rundherum gemauert wird, dann wird man aufhören. In meinen Augen ist das ein sehr wirksames Druckmittel." Dass die Kommission Probleme haben könnte, an die nötigen Auskunftspersonen heranzukommen, glaubt Griss nicht. Den involvierten Personen müsse es ja ein Anliegen sein, ihren Standpunkt zu erklären: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand, der in der Öffentlichkeit in einem schlechten Licht steht, nichts sagt."

Ihren Bericht will Griss noch in diesem Jahr veröffentlichen. "Deadline habe ich keine, aber ich habe Wunschvorstellungen, und das ist, dass man auf jeden Fall heuer noch ein Ergebnis vorlegt." Und: "Es gibt keine Vorzensur der Regierung, das habe ich mir ausbedungen."

Griss: U-Ausschuss derzeit "problematisch"

Den Vorwurf, mit ihrer Kommission einen Untersuchungsausschuss auszubremsen, lässt Griss nicht gelten und verweist auf die zahlreichen im Zusammenhang mit der Hypo laufenden Strafverfahren. Ein parallel dazu laufender U-Ausschuss wäre aus ihrer Sicht "problematisch". "Es kann die Wahrheitsfindung beeinträchtigen, wenn Dinge zur Unzeit öffentlich gemacht werden", so Griss. "Ich bin der Überzeugung, dass eine Untersuchungskommission in der derzeitigen Situation sinnvoll ist."

Als dauerhaften Ersatz für einen U-Ausschuss sieht Griss die Kommission dennoch nicht: "Aufgabe der Kommission ist es, den Sachverhalt aufzuklären, nicht die politische Verantwortung." Der Bericht könnte aus ihrer Sicht auch Grundlage für eine spätere Entscheidung über eine parlamentarische Untersuchung sein. Sinnvoll wäre ein U-Ausschuss für sie aber erst, wenn die "ersten Stadien der Ermittlungsverfahren" der Justiz abgeschlossen sind.

Für Griss könnte die Kommission durchaus Modellcharakter haben. Denn auch das Parlament könnte aus ihrer Sicht in Zukunft vor der Entscheidung über U-Ausschüsse Expertenkommissionen zur Klärung des Sachverhaltes einsetzen. "Man würde dann vermeiden, dass in die sensible Phase der Sachverhaltsermittlung sachfremde Überlegungen hineinkommen", glaubt Griss.

Konkrete Zusagen von weiteren Kommissionsmitgliedern liegen laut Griss bereits vor, Namen will sie aber erst nennen, wenn das gesamte Team steht. "Es wird so aufgestellt sein, dass man davon ausgehen kann, dass die Kommission genug Sachverstand hat", versichert Griss. Mitarbeiter der Finanzaufsicht sollen aber keine dabei sein. (APA, nw, mte, riss, 27.3.2014)