Elke Müllegger: Landschaftsplanerin und Bergfexin.

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Elke Müllegger hat schon in haufenweise Abgründe geschaut. Sie inspiziert mehr oder weniger stille Örtchen, also Toiletten in allen Variationen. Dabei geht es ihr nicht um wohlige Düfte und Wasserfontänen verströmendes Keramikmobiliar. In ostafrikanischen Ländern, in denen Wasser knapp ist, entwickelt Müllegger Sanitärsysteme, die möglichst wenig Ressourcen schlucken und dabei auch anderweitig einen Nutzen haben - und zwar in der Landwirtschaft. Die "Produkte", Urin und Fäkalien, geben nämlich einen wertvollen Kompost ab und eignen sich bestens zur Düngung.

"Wo es wenig Wasser gibt, hat es nicht viel Sinn, Kanalsysteme und Kläranlagen aufzubauen", sagt die Landschaftsplanerin. "Mit Trockentoiletten, in denen die Ausscheidungen getrennt gesammelt werden, kann man gleichzeitig die Hygiene verbessern und umweltschonendes Düngen forcieren." Die sanitäre Lage ist in den armen Gebieten Ostafrikas denkbar schlecht. Abwässer aus Latrinen und Plumpsklos verunreinigen das Grundwasser, oft bleibt nur die Natur als Rückzugsort für das private Geschäft - gerade für Frauen und alte Menschen eine höchst unangenehme Sache.

Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit hat Müllegger an verschiedenen Projekten mitgearbeitet, zuletzt in der Stadt Arba Minch im Süden Äthiopiens, wo sie am EU-Projekt Clara beteiligt war. Ziel war es, den gravierenden Problemen bei der Wasserver- und Abwasserentsorgung mit ökologisch sinnvollen, lokal verankerten Konzepten zu begegnen.

"In Arba Minch hat sich eine Gruppe von Müllklauberinnen zusammengetan, die gegen Entgelt Trockentoiletten leeren und den Inhalt in Form von Kompost an umliegende Bauern verkaufen", schildert Müllegger. "So ein Modell kann sich durchaus rentieren." Vor allem aber gelte es, das Selbstbewusstsein lokaler Entrepreneure zu stärken - und die Stadtverwaltungen dazu zu bringen, mehr Verantwortung für den Aufbau von Sanitärsystemen zu übernehmen, meint Müllegger. Die Initiative Femtech des Verkehrsministeriums wählte sie nun zur Expertin des Monats.

Sie selbst kümmert sich aber weniger um die Installation von Toiletten, Pflanzenkläranlagen und ähnlichen Systemen, sondern erforscht die "Softkomponente", den langfristigen Betrieb und die Wartung. Das war schon Thema ihrer Diplomarbeit an der Wiener Universität für Bodenkultur: In einem Bergdorf in Uganda dokumentierte sie gemeinsam mit einem Studenten einer hiesigen Uni den Umgang mit Trockentoiletten - insgesamt 56 an der Zahl.

Berührungsängste hat die 1976 geborene Bad Ischlerin jedenfalls keine. Dafür begleitet sie seit ihrer Kindheit ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein. "Ich hatte die Berge und den Wald vor der Haustür." Ihr Studium schloss sie mit einem Master für ökologische Landwirtschaft ab, daneben war sie im Verein EcoSan Club tätig, der Kreislaufsysteme für Abwässer entwickelt. Seit kurzem ist Müllegger selbstständig - um mehr Zeit für die Arbeit auf dem kollektiv betriebenen Hof in der Steiermark zu haben, wo sie seit einigen Jahren lebt.

Demnächst kehrt sie nach Uganda zurück und wird im Auftrag des dortigen Wasserministeriums in rund 15 Städten eruieren, welche Systeme jeweils nötig sind, um eine nachhaltige Wasser- und Sanitärversorgung zu garantieren - in Zusammenarbeit mit ihrem Kollegen aus der Zeit, als sie ihre Diplomarbeit verfasste. Womit sich auch für sie wieder ein Kreis schließt. (Karin Krichmayr, DER STANDARD, 26.3.2014)