Eisenstadt - In vermerkenswert souveräner Weise wurde am Montag im Eisenstädter Landesgericht jene Geschichte abgehandelt, in der davon erzählt werden muss, dass ein einschlägig Verurteilter seine elfjährige Stieftochter vergewaltigt hat, weshalb diese, zwölfjährig, von einem Baby entbunden wurde.

Aber was heißt "wurde"? Sie entband sich. Stiefvater und Mutter kamen dazu. Wie, was, warum und vor allem warum nicht - das wurde von der Vorsitzenden Karin Knöchl ohne die Öffentlichkeit abgehandelt, die ihrerseits irgendwie erleichtert war. Nur die Kollegen, die redaktionsintern etwas unter Voyeurismusdruck stehen, sahen sich kurz - aber eh nur kurz - ums Eingemachte gebracht.

Verurteilung wegen Kindesmissbrauchs

Die anderen konnten sich die Angelegenheit - zusammenhockend im gegenüberliegenden "Café Advokat", jener Tankstelle, die einmal der General der Wiener Austria, Thomas Parits, betrieben hat - gut genug vorstellen. Besser jedenfalls als die Mutter des Mädchens, die dem Lebensgefährten als Beistand ging, als dieser im Jänner 2013 wegen Kindesmissbrauchs in anderer Sache verurteilt wurde. Erstinstanzlich, weshalb die beiden heimfahren durften ins Südburgenland, wo - wenig später nur - besagte Vergewaltigung stattfand.

Der Mutter fiel, erklärte sie im öffentlichen Teil der Hauptverhandlung, Diesbezügliches oder auch nur annähernd Einschlägiges nicht auf, ja im Gegenteil: "Er war ein liebevoller Vater."

Und Gatte auch. Im Spätsommer wurde sie von einem Kind entbunden. Ungefähr zu dieser Zeit klopfte die Fürsorge: Es bestehe der Verdacht auf eine Schwangerschaft der Tochter. Dem Verdacht wurde nur hinhaltend nachgegangen. Und als die Selbstentbindung gerade im Gang gewesen ist, dachte man auf Elternseite weder an die Tochter noch ans Enkerl, sondern daran, "dass sie uns dann alle Kinder wegnehmen".

Anstaltseinweisung und zwölf Jahre Haft

Zwei Tage nach der Enkerlgeburt wurde dann übrigens geheiratet, zwei weitere Tage später erst ein Spital aufgesucht - beziehungsweise eine "anonyme Beratungsstelle", wie die selbst in guter Hoffnung seiende Staatsanwältin Patricia Lendzian unter unübersehbarem Kopfschütteln in den für die Öffentlichkeit bestimmten Anklagevortrag geschrieben hat.

Die Mutter, die sich den einschlägig belasteten und dann gar verurteilten Lebensgefährten so erstaunlich schöngeredet hatte, ist wegen Vernachlässigung einer Unmündigen zu zehn Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Das hat die 37-Jährige angenommen, die Staatsanwältin hat keine Erklärung abgegeben.

Der 34-jährige Stiefvater ("Ich bereue es sehr. Es tut mir wirklich leid.") fasste zwölf Jahre unbedingt plus Anstaltseinweisung aus. Die Verteidigung berief und legte Nichtigkeitsbeschwerde ein. (Wolfgang Weisgram, DER STANDARD, 25.3.2014)