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Wladimir Putin unterschrieb am Freitag die nötigen Dokumente für die Angliederung der Krim an Russland.

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Sogenannte Selbstverteidigungstruppen auf der Belbek Air Force Basis. Die Militärbasis ist mittlerweile unter russischer Kontrolle.

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Pro-Russische Milizen vor der Kaserne in Belbek.

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Kiew/Moskau - Kremlchef Wladimir Putin hat nach der umstrittenen Aufnahme der Krim in die Russische Föderation die Einführung neuer Verwaltungsstrukturen auf der Halbinsel bis zum 29. März angeordnet. Demnach müssen bis dahin Polizei, Zivilschutz und der Inlandsgeheimdienst FSB und andere Organe nach russischem Recht errichtet werden. Das geht aus einer heute vom Kreml veröffentlichten Anordnung hervor.

Putin hatte den Vertrag über die Aufnahme der zur Ukraine gehörenden Schwarzmeerhalbinsel in die Russische Föderation am Freitag besiegelt. Zuvor hatten Staatsduma und Föderationsrat das international nicht anerkannte Dokument ratifiziert. Die USA und die EU verhängten aus Protest Sanktionen gegen Russland.

An diesem Montag soll auf der Krim neben der ukrainischen Währung Griwna offiziell der Rubel als Zahlungsmittel eingeführt werden. Russland hat außerdem die militärische Kontrolle auf der Krim.

Ukrainische Militärstützpunkte unter russischer Kontrolle

Russische Truppen haben am Samstag zwei Militärstützpunkte und ein ukrainisches Marineschiff auf der Krim in ihre Gewalt gebracht. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier warf Moskau bei einem Kiew-Besuch vor, die "Spaltung Europas" voranzutreiben, und warnte vor einer Verschärfung der Sanktionen. In Kiew wollen heute Tausende für die Einheit ihres Landes demonstrieren.

Machtdemonstration russischer Truppen

Die Erstürmung von zwei Krim-Stützpunkten war die bisher spektakulärste Machtdemonstration, seit die ersten russischen Truppen vor drei Wochen auf der ukrainischen Halbinsel gelandet waren. Bewaffnete mit gepanzerten Fahrzeugen feuerten Schüsse in die Luft, als sie den Fliegerhorst Belbek nahe Sewastopol in ihre Gewalt brachten. Ein Fahrzeug durchbrach das Tor, zwei weitere durchbrachen die Mauern des Geländes, wie eine AFP-Reporterin berichtete. Daraufhin stürmten Bewaffnete auf das Gelände, feuerten Schüsse in die Luft und hielten ukrainische Soldaten mit ihren Automatikwaffen in Schach. Unter Gewaltandrohung wurde der Stützpunkt evakuiert.

Die Basis in der Stadt Nowofedorowka wurde ebenfalls schwer attackiert. Prorussische Demonstranten rissen die ukrainische Flagge herunter und hängten eine russische Flagge auf, anschließend stürmten sie das Gebäude und warfen mehrere Fenster ein. Vom Dach warfen ukrainische Militärs Rauchbomben. Nach Verhandlungen mit russischen Soldaten gaben sie aber auf.

Marineschiff erobert

Im Hafen von Sewastopol eroberten Bewaffnete eines der letzten ukrainischen Marineschiffe auf der Krim. "Informanten in Simferopol geben an, dass Milizionäre und russische Spezialkräfte die Slawutitsch unter ihre Kontrolle gebracht haben", schrieb ein Sprecher des Kiewer Verteidigungsministeriums auf seiner Facebook-Seite. Das Schiff war seit Tagen von der russischen Marine im Krim-Hafen von Sewastopol blockiert. Die Korvette hatte sich vom Dock entfernt, um einer Erstürmung zu entkommen.

Steinmeier ruft zu Gesprächen auf

Der deutsche Außenminister Steinmeier war zunächst mit Regierungsvertretern in Kiew zusammengetroffen und reiste später ins ostukrainische Donezk weiter. Dort forderte er die militärischen Einheiten der Ukraine und Russlands zu Gesprächen über den Umgang miteinander auf. Es sei "keine gute Idee, dass jetzt abschnittsweise Mannschaften entwaffnet oder technische Einheiten übernommen" würden.

Drohung mit schärferen Sanktionen

In der Zeitung "Welt am Sonntag" drohte er Moskau mit schärferen Sanktionen. "Sollte Russland über die Krim hinausgreifen, werden wir in Europa einschneidende Maßnahmen beschließen, selbst wenn wir hierfür wirtschaftliche Nachteile in Kauf nehmen müssen."

Forderung nach Referendum

Nach dem Besuch Steinmeiers in Donezk haben dort am Sonntag wieder tausende Menschen ein Referendum über den Anschluss an Moskau gefordert. Die Polizei schätzte die Menge im Stadtzentrum auf bis zu 5.000 Demonstranten. Der Verkehr an den Grenzpunkten zwischen Krim und der Ukraine funktionierte nach laut der prorussischen Führung auf der Halbinsel wieder.

Hague: Einschränkung der Waffenverkäufe

Nach Einschätzung des britischen Außenministers William Hague sollten Großbritannien und seine Alliierten als Konsequenz aus der Krim-Krise eine dauerhafte Einschränkung der Waffenverkäufe nach Russland erwägen. Angesichts der "empörenden Annexion" der Krim sei ein neuer Umgang mit Moskau erforderlich, schrieb Hague in einem am Samstag im Internet veröffentlichten Beitrag für den "Telegraph". "Dies würde bedeuten, dass Russland nicht mehr Teil einiger internationaler Organisationen ist, mit dauerhaften Einschränkungen der militärische Kooperation und Waffenverkäufen konfrontiert wird sowie weniger Einfluss auf das übrige Europa hat", schrieb der Chefdiplomat in dem Beitrag für die Zeitung.

Die EU ist in der Frage indes nicht geschlossen. So sagte der Kandidat der Konservativen für die Europawahl, Luxemburgs früherer Regierungschef Jean-Claude Juncker, der "Welt am Sonntag", er sei dagegen, Russlands Präsidenten Wladimir Putin oder dessen Außenminister Sergej Lawrow auf eine Sanktionsliste zu setzen. "Auch nicht bei einer weiteren Eskalation." Der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski sagte der "Bild"-Zeitung: "Sanktionen sind wie Atomwaffen - besser, mit ihnen zu drohen als sie zu benutzen."

Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen brachte eine stärkere Rolle der NATO ins Spiel. Diese müsse nun "Präsenz zeigen", dass sei besonders für die Bündnispartner an den Außengrenzen wichtig, sagte sie dem "Spiegel" laut einer Vorabmeldung. Auch Polens Außenminister Sikorski forderte, die NATO müsse bereit sein, "jedem Szenario die Stirn zu bieten".

OSZE-Mission startet

Hoffnung setzt die internationale Diplomatie auch auf die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Deren Mission, an der sich auch Österreich mit zehn Experten beteiligen will, soll heute starten, "um die Deeskalation zu unterstützen", wie Steinmeier in Kiew sagte. Moskau hatte der Mission nach langem Widerstand zugestimmt, weil die Krim ausgeklammert bleibt.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton äußerte unterdessen große Sorge über den Zustand der Wirtschaft in der Ukraine und forderte internationale Unterstützung. Der Rest der Welt müsse dafür sorgen, dass die Ukraine nicht wirtschaftlich kollabiere, erklärte Ashton. (APA, 23.3.2014)