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Wie viel würden Sie für eine VR-Brille wie Morpheus oder Oculus Rift zahlen?

Foto: AP Photo/Jeff Chiu

Wie wäre es, wenn wir eines Tages Fiktionen nicht nur lesen, hören oder sehen sondern auch tatsächlich in sie eintauchen könnten? Was so unvorstellbar wie das "Holodeck" von Star Trek klingt, plant seit geraumer Zeit eine Reihe von Elektronikunternehmen für den Massenmarkt anzugehen. Allen voran ist einerseits Oculus Rift, das sehr erfolgreich Investoren und Industrievertreter wie Valve für sich gewinnen konnte und in erster Linie für den Einsatz am PC entwickelt wird. Andererseits stößt Sony mit Project Morpheus das Tor zur virtuellen Realität (VR) für die Spielkonsole PlayStation 4 auf.

Nach den "übelerregenden" Anfängen in den 1980er-Jahren ist die Technologie heute nun endlich so weit, einen trittsicheren Einstieg in die neue Gaming-Dimension zu ermöglichen. Doch während sich so manche Beobachter und Spieler ob der technischen Fortschritte bereits die Hände reiben, stellen sich der virtuellen Realität noch einige Hürden in den Weg.

1) Technische Standards und Limitierungen

Um das VR-Erlebnis massenmarkttauglich zu gestalten, müssen gleich mehrere Herausforderungen gemeistert werden. Allem voran muss die Darstellungsqualität der Brillendisplays so gut sein, dass sich Träger schwindelfrei in den digitalen Welten bewegen können. Um dies zu gewährleisten, arbeiten die Hersteller an hochauflösenden Screens, die nicht nur ein scharfes Bild erzeugen, sondern Inhalte noch dazu dreidimensional und absolut flüssig wiedergeben können. Nicht zuletzt müssen auch Kopfbewegungen verzögerungsfrei erfasst werden, um einen schwindelfreien Rundumblick zu ermöglichen.

All diese Faktoren erlauben Herstellern bei der Hardware auf Konsumentenseite (PC oder Konsole) wenig Spielraum. VR ist ein enormer Ressourcenfresser, der konstante Bildraten bei hohen Auflösungen erfordert. Aktuell ist die Rede von mindestens 1080p bei 60 Bildern pro Sekunde wobei das aufgrund der stereoskopischen Darstellung für 3D bedeutet, dass noch etwas mehr Ressourcen für die Geometrie der unterschiedlichen Bilder für jedes Auge benötigt werden. Um das in Relation zu setzen: Ein modernes PS4-Spiel wie das eben erschienene "InFamous: Second Son" läuft bei 1080p-Auflösung und ohne 3D-Ausgabe mit 30 Bildern pro Sekunde.  

Weil man nicht davon ausgehen kann, dass Entwickler für VR-Spiele auf magische Weise das benötigte Mehr an Leistung aus der PS4 ziehen werden, um ein "InFamous" gestochen scharf und absolut flüssig für Morpheus aufbereiten zu können, bedingt dies grafische Limitierungen. Spiele für Morpheus werden nicht über die Detailvielfalt verfügen können, wie konventionelle PS4-Games.

Die benötigten Standards bei der VR-Darstellung werden zumindest in den kommenden paar Jahren aber auch das Erlebnis auf PC mit Oculus Rift einschränken. Zwar leisten moderne Rechner heute ein Vielfaches der neuen Konsolen, doch ist die Verbreitung wirklich leistungsfähiger Computer unter Konsumenten überschaubar. Soll VR am PC ein Medium für die Massen werden, wird man sich auch hier an der Mitte orientieren müssen. Die hohen Mindestanforderungen von VR-Systemen machen es für Produkte wie Oculus Rift also nicht unbedingt leichter Qualitätsstandards durchzusetzen, als für Angebote am Konsolenmarkt.

2) Neues Medium, neue Inhalte

Auch für Softwarehersteller bedeutet VR der Sprung in eine neue Dimension - sei es in ein Cockpit eines Raumschiffs oder in die Montur eines Ritters. VR-Systeme sind keine neuen Peripheriegeräte, auf die sich bestehende Erlebnisse einfach so erweitern lassen, sondern ein neues Medium, das neue Denkansätze und Spielkonzepte erfordert, erklärte bereits Sony-Softwareingenieur Anton Mikhailov bei der Präsentation von Project Morpheus.

Blickt man nicht mehr nur auf den Fernseher, sondern steckt man seinen Kopf sprichwörtlich in die Spielwelt hinein, herrschen plötzlich andere Gesetze und Möglichkeiten. Ein hektischer Shooter könnte Spieler plötzlich komplett überfordern, während ruhigere Erfahrungen, die auf dem TV-Screen vielleicht langweilig wirken, plötzlich aufregend erscheinen. Interaktivität, Kameraführung, Inszenierung - all diese Faktoren müssen beim Durchschreiten des Fensters zur virtuellen Realität überdacht werden.

Umso wichtiger wird hierfür sein, dass die Entwicklung dieser neuen Plattformen möglichst offen und von Beginn an im Bund mit Softwareherstellern geschieht. Sollen Oculus Rift, Morpheus und Co. ein Medium für die Massen werden, wird nicht nur die Unterstützung der jetzt schon ambitionierten Indie-Szene benötigt, sondern zudem die volle Marketing- und Werbekraft der großen Konzerne.   

3) Verbreitung und Preis

Und spätestens hier beißt sich die Katze in den Schwanz. Denn ohne große Verbreitung wird man Publisher wie Activision oder Electronic Arts nicht dazu bewegen können, viel Geld und Ressourcen frei zu machen, wie auch Ubisoft-Manager Lionel Raynaud auf der vergangenen Game Developers Conference in San Francisco deutlich machte. Morpheus und Oculus Rift werden sich mindestens eine Million Mal verkaufen müssen, bevor sich die Produktion von VR-Spielen im großen Stil lohnt, so Raynaud.

Damit das gelingt, werden Sony, Oculus VR und künftige Mitbewerber kräftig an der Preisschraube drehen müssen. Die jüngste Entwicklerversion von Oculus Rift kostet aktuell 350 Dollar - fast so viel wie eine PS4 selbst. Dabei kann man ob der Fülle an verarbeiteten Technologien zurzeit zumindest nicht von großen Margen ausgehen. Selbst wenn sich bis zum erwarteten Marktstart 2015 noch viel tun kann: Werden eine Million Menschen bereit sein 300 Dollar oder auch "nur" 250 Dollar für den VR-Einstieg zu zahlen, wenn es dann noch kaum Inhalte dafür gibt?

Sony und Konsorten werden also selbst die schlagkräftigen Argumente liefern müssen und im Idealfall in den sauren Apfel beißen und die ersten überzeugenden VR-Games kostenlos beilegen. Ohne dem VR-Pendant zum Motion-Gaming-Hit "Wii Sports" wird die VR-Revolution nur schwer ins Rollen kommen.

Wichtiger Wettbewerb 

Umso wichtiger für alle Player im Anfangsstadium ist daher der Wettbewerb. Damit der VR-Zug Fahrt aufnehmen kann, braucht es einen Wettlauf, der laut Sonys Spielechef Shuhei Yoshida in vielerlei Hinsicht wichtig ist. Ohne branchenweites Engagement sei es, so Yoshida bei der Präsentation von Morpheus, nicht nur schwieriger, die technologische Entwicklung voranzutreiben, sondern auch Softwarehersteller für das weitgehend unerforschte Medium zu gewinnen und so wiederum die Verbreitung anzukurbeln.

Die Videospielbranche steht vor einem bisher nicht gekannten Paradigmenwechsel, der enorme Anstrengungen erfordern wird. Doch über hier scheinen sich die Pioniere einig zu sein: Für den Vorstoß in die virtuelle Realität lohnt es sich jede Hürde zu nehmen. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 22.3.2014)

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