Lampedusa - 2128 Migranten in 48 Stunden - die Küsten Süditaliens sind Ziel einer neuen Flüchtlingswelle. In der Nacht auf Mittwoch retteten Schiffe der italienischen Marine insgesamt 1523 Migranten aus dem Meer, die in 13 alten Fischerbooten auf Sizilien zusteuerten. Bei einigen war der Motor ausgefallen. Am Montag und Dienstag wurden weitere 592 Flüchtlinge geborgen.

Die Wiederaufnahme des im Winter stark nachlassenden Flüchtlingsstroms wird durch das milde Frühlingswetter begünstigt. In Pozzallo bei Ragusa setzte ein Marineschiff am Mittwoch 860 Migranten an Land, weitere 342 wurden am Abend erwartet. Der Präfekt von Siracusa erklärte, die Unterbringung einer so hohen Zahl von Migranten sei unmöglich: "Wir erwarten Anweisungen des Innenministeriums." Im Aufnahmelager von Pozzallo gibt es nur 180 Plätze. Ein Teil der Flüchtlinge sollte noch am Mittwoch nach Cagliari, Genua und Rom ausgeflogen werden. Ein Migrant starb nach der Ankunft, weil er die giftigen Abgase des Schiffsmotors eingeatmet hatte.

In einer Rai-Reportage aus Libyen war ein Lager zu sehen, in dem hunderte afrikanische Flüchtlinge auf ihre Überfahrt nach Italien warten. Ausgangspunkt der Schiffe ist die 60 Kilometer von der tunesischen Küste entfernte Hafenstadt Zuwara, in der Dutzende Boote gezeigt wurden, die am Strand bereitstehen. Bei gutem Wetter dauert die Überfahrt nach Lampedusa zehn Stunden.

Wie ein Reisebüro

Indessen hat die Polizei in Siracusa und mehreren Städten Nord- und Mittelitaliens eine zehnköpfige Schlepperbande verhaftet. Es handelt sich um Ägypter, die nach Auskunft der Ermittler "wie ein Reisebüro" arbeiteten. Für 4000 Dollar organisierten sie die Überfahrt, besorgten den Transfer in Städte und die Unterbringung. Auf Wunsch wurden die Migranten dann nach Mittel- oder Nordeuropa geschleust.

Vor der Küste Kalabriens entdeckte ein Patrouillenboot ein 13 Meter langes Segelschiff mit 41 Migranten aus Afghanistan, Pakistan und Syrien, die unter Deck zusammengepfercht waren. Drei Russen, die das Boot steuerten, wurden festgenommen.

Das römische Innenministerium hat am Mittwoch ein Urteil des Verfassungsgerichtes begrüßt, das die Beschlagnahme eines Flüchtlingsschiffs und die Verhaftung von Schleppern auch außerhalb der italienischen Hoheitsgewässer als verfassungsmäßig bezeichnete. Der ägyptische Besitzer des Schiffes hatte sich an das Gericht gewandt. Indessen sind sieben aus der Türkei kommende Migranten beim Sinken ihres Bootes in der Ägäis ertrunken. Acht Flüchtlinge konnten gerettet werden. (Gerhard Mumelter aus Rom, DER STANDARD, 20.3.2014)