Ginge es nach John McCain, dann wäre das Krim-Referendum eine Wegscheide. "Wir brauchen eine fundamentale Neubewertung unserer Beziehungen zu Wladimir Putin", fordert der Republikaner. "Wir müssen ihn sehen als jemanden, der an die Wiederherstellung des alten russischen Imperiums glaubt." Russland, fügt der alte Haudegen hinzu, sei doch bloß eine Tankstelle, die sich als Land ausgebe; obendrein ausgehöhlt durch Korruption. Schon deshalb dürfe man nicht zögern, Putin die Grenzen seiner Macht aufzuzeigen.

McCain profiliert sich als Wortführer einer Fraktion, die im Tauziehen um die Ukraine vor allem eines sieht: einen Testfall. Die Krise, wettert er seit Tagen, "ist das Resultat inkompetenter Außenpolitik, bei der niemand mehr an Amerikas Stärke glaubt". Der schwache und unentschlossene Barack Obama lade zur Aggression ein, sekundierte Senator Lindsey Graham.

Doch auch die Falken akzeptieren, dass die Militäroption ausscheidet und Washington nur begrenzten Spielraum hat. Bei allen Differenzen: In der Sache unterscheidet sich ihre Linie nicht so sehr von jener Obamas.

Als das Ergebnis des Referendums feststand, telefonierte Obama, zum dritten Mal in zwei Wochen, mit Putin. Obama habe betont, so sein Sprecher Jay Carney, dass die USA nach Absprache mit ihren europäischen Partnern bereit seien, "Russland für sein Handeln zusätzliche Kosten aufzuerlegen". Außenminister John Kerry stehe bereit, mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow und Kiew eine Lösung zu finden.

Im Klartext heißt das: Solange Moskau die Krim nicht annektiert, bleibt ein Hoffnungsschimmer. Die eher symbolischen Sanktionen, die die Amerikaner am Montag gegen sieben russische und vier ukrainische Politiker verhängten, sind vor allem als Warnung gedacht: Sie sollen Putin davon abhalten, Truppen in den Osten der Ukraine zu beordern. Was dann folgen könnte, lässt Obama bewusst im Vagen; als wäre er ein Pokerspieler, bei dem man nicht sicher sein kann, ob er blufft oder nicht.

Wenn es darum geht, wirklich harte Sanktionen zu beschließen, ist ein US-Präsident freier als ein EU-Premier. Das Handelsvolumen, rund 40 Milliarden Dollar pro Jahr, ist zehnmal geringer als das russisch-europäische. Russische Oligarchen haben London zu ihrer Lieblingsstadt erkoren, nicht New York. Und wenn Putin den Gashahn zudreht, haben die USA praktisch nichts zu befürchten. Als Energielieferant spielt Russland für sie kaum eine Rolle.

Im Umkehrschluss bedeutet das, dass US-Strafmaßnahmen kaum Wirkung erzielen können, wenn die EU nicht mitzieht. Am empfindlichsten träfe den Kreml die Entscheidung, Russland vom Zugang zum US-Finanzmarkt abzuschneiden: Russische Unternehmen und Banken könnten dann keine Geschäfte mehr in Dollar abwickeln - ein harter Schlag, denn Erdölexporte werden in Dollar gehandelt. Doch im Moment fordert nicht einmal McCain, diesen Joker zu ziehen. (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD, 18.3.2014)