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Freie Krankenschwestern kommen dem Spital billig, sie selbst stehen bei niedrigem Einkommen ohne Arbeitsrecht und Krankengeld da.
Foto: APA/JÄGER R.
Wien - "Wir sind die, die jeder braucht und keiner will", sagt Ulli Pleschiutschnig. Sie arbeitet als freie Krankenschwester in Spitälern, "was im Prinzip nur eine Notlösung sein kann, denn leben kann man davon nicht".

Von 4,2 Millionen Erwerbsaktiven in Österreich sind eine Million atypisch beschäftigt. Die Zahl der freien DienstnehmerInnen und neuen Selbstständigen ist seit der Adjustierung der Werkverträge 1998 besonders stark gestiegen - um das Zweieinhalbfache auf 23.841 bei freien DienstnehmerInnen und um das Vierfache auf 30.836 bei neuen Selbstständigen, wie eine Studie von ÖGB und Arbeiterkammer Wien vom Juli 2003 zeigt.

ExpertInnen schreiben dies verbesserten Versicherungsbedingungen und der Flexibilisierung auf dem Arbeitsmarkt zu. Die Krankenschwester Pleschiutschnig sieht die Ursache hingegen darin, dass Leute wie sie billig seien: Für einen Zwölf-Stunden-Dienst bekomme sie zwischen 150 und 180 Euro brutto - hat also Einkommenssteuer und Sozialversicherung selber abzuziehen. Der Vorteil fürs Spital: keine Lohnnebenkosten. Der Nachteil für sie: kein Krankengeld, kein Arbeitsrecht.

"Spitäler haben derzeit rund 15 Prozent freiberufliches Pflegepersonal, oft aus dem Osten, und besonders als Überstunden- oder Urlaubsvertretung", weiß Pleschiutschnig, Die Überstunde einer Angestellten koste 50 Euro, die Arbeitsstunde einer Freiberuflichen nur zehn. Gleichzeitig seien die Freiberuflerinnen jedoch an Dienstzeiten, Dienstort und Betriebsmittel der Arbeitgeber gebunden.

"Von Werkverträgen kann nicht die Rede sein", sagt Anneliese Steindl von der Gebietskrankenkasse Niederösterreich: Die freien Schwestern arbeiten "wie Angestellte". Die Krankenkasse prüft daher solche Verträge auf Arbeitskräfteüberlassung. In Zukunft könnten Spitäler also ihr freiberufliches Personal zur Sozialversicherung anmelden müssen - was wiederum Sparbemühungen zunichte machen würde. Die Alternative aber sei, Einsparungen "weiterhin auf den Schultern der Freiberuflerinnen auszutragen: Genug Frauen arbeiten sich so in die Armut hinein", meint Pleschiutschnig, selbst Mutter einer Tochter. Bei 40 Stunden Arbeit bleiben ihr rund 1000 Euro monatlich. (DER STANDARD, Printausgabe 20.08.2003)