Der Sprecher der Erzdiözese Wien, Erich Leitenberger, erklärte am Montag, das umstrittene Dokument "Crimen Sollicitationis" beziehe sich ausschließlich auf das kirchenrechtliche Verfahren gegen Priester, die beschuldigt werden, Gläubige bei der Beichte zu sexuellen Handlungen motiviert zu haben. In keiner Weise ordne das Dokument an, Fälle von sexuellem Missbrauch Jugendlicher vor den staatlichen Sicherheits- und Justizbehörden zu vertuschen. Das Dokument sei zum Schutz des Sakraments der Beichte gedacht. Laut Erzbischof Julian Herranz, der Präsident des Päpstlichen Rates für die Interpretation des Kirchenrechts, ist das Papier außerdem längst überholt.
"Crimen Sollicitationis" sei nicht als "Strategie der Vertuschung" geplant gewesen, versicherte Leitenberger weiter. Paragraf 15 verpflichte jeden Gläubigen zur Anzeige beim Bischof, sollte er etwas über sexuellen Missbrauch erfahren. Als Strafe bei Zuwiderhandeln stehe die Exkommunikation. Der Observer, der das Dokument veröffentlichte, hat hingegen berichtet: Jenen, die gegen die Schweigepflicht verstoßen, werde in dem Schreiben mit dem Kirchenausschluss gedroht.
Kirchenrechtler Richard Potz von der Uni Wien widersprach im ORF-Radio dem Vorwurf der Vertuschung. Die Kirche versuche damit "eine Quadratur des Kreises": einerseits das Beichtgeheimnis zu schützen, andererseits zu sichern, dass das Beichtgeheimnis nicht für sexuelle Verführungen missbraucht werde.
Fehlende Transparenz