Alpbach - Sozialforscher Bernd Marin sieht die Reform des österreichischen Pensionsmodells noch lange nicht abgeschlossen. Die nun beschlossene Reform sei "gerade einmal für ein bis zwei Legislaturperioden ein gutes Werk". Großteils seien die Reformen vertagt worden. Vor allem die Harmonisierung der Pensionssysteme sei nach wie vor ausständig, kritisierte Marin am Montag beim Forum Alpbach.

Nach dem derzeitigen Stand werde Österreich gerade einmal ein Drittel der im Europäischen Rat von Barcelona vereinbarten Ziele erreichen, kritisiert der Experte. Was die Lebensarbeitszeit bei Frauen betreffe, werde man etwa erst in 40 Jahren dort sein, wo Schweden heute sei. "Wir wollen alle länger leben, aber nicht die notwendigen Konsequenzen ziehen", sagt Marin.

Unfairer Generationenvertrag

Das derzeitige Modell des Generationenvertrags sei außerdem nach wie vor "nicht fair". Während eine Generation für ihre Beiträge nach wie vor noch rund 16 Prozent Rendite erhalte, müssten künftige Generationen der heute unter 35-Jährigen froh sein, wenn sie ihre Beiträge noch herausbekämen. Juristisch betrachtet sei dies eine "Verkürzung um die Hälfte". Im Privatrecht wäre ein solcher Vertrag nichtig. Die künftigen Generationen könnten jedoch "nur zum Salzamt gehen, weil der Generationenvertrag nicht einklagbar ist", meint Marin.

Die Idee, jemandem zu Beginn der Karriere zu sagen, was ihn in der Pension erwarte, sei nicht mehr möglich. Der "alte Sozialstaat" sei "zu Ende". Notwendig sei ein Mittelweg zwischen einem Staat, der alles macht - von der Wiege bis zur Bahre, und einer Regulierung ausschließlich über die Märkte. Entscheidend sei dabei, dass der Staat künftig Sozialausgaben als wichtige Investments sehe, diese aber kosteneffizient gestalte, so der Sozialexperte. (APA)