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Tobias Moretti als Teufel während der Probe zu 'Jedermann' 2002 im Rahmen der Salzburger Festspiele.

Foto: APA/ Barbara Gindl
Alpbach - Als "Gegner" Tirols sieht der Schauspieler und Biolandwirt Tobias Moretti den Nationalstaat Österreich und die EU. Österreich habe "versäumt, unsere (Tirols, Anm.) Interessen einzufordern und sich fortwährend als Musterschüler im vorauseilenden Gehorsam präsentiert". Die EU genüge sich darin, "eine vom Hochkapital politisch manipulierte Bürokratie zu sein", sagte Moretti, der derzeit als Teufel und guter Gesell im "Jedermann" der Salzburger Festspiele auf der Bühne steht, am Sonntagabend in einer Abschlussrede zum "Tiroltag" des Europäischen Forum Alpbach. Die Gesellschaft verrenne sich derzeit auf der einen Seite "in einen sozialistisch inspirierten zentralistischen Bürokratismus". Auf der anderen Seite habe man "die Zusammenbrüche im Osten als Beweis der Überlegenheit unseres Systems gedeutet" und fröne "seitdem einem ungebremsten Volldampf-Kapitalismus" und "einer nicht einmal verschämten Egomanie". Beides zusammen, meint Moretti, führe zu "einem gnadenlosen Abbruch aller Traditionen und der Kultur". "Keimzelle des globalen Verantwortungsgefühls" sei "die regionale Verantwortung", betonte der Schauspieler. Seiner Ansicht nach dürfe sich Tirol "nicht treiben lassen, von den Dingen, die ihm aufgezwungen werden". Das Land dürfe sich "die Entscheidung nicht aus der Hand nehmen lassen", gab sich Moretti am Forum tendenziell föderalistisch. Kritik übte er auch an der, wie er sagte, "Elite, die derzeit unser Leben bestimmt". Moretti spricht von "Verkündern einer neuen Ordnung", die nichts weiter seien "als die Erhalter eines Systems, das sie selber nicht begreifen". Er fühle sich "bedroht durch die schleichende Entwicklung, die "in kleinsten Schritten vollzogen" werde, "die sich im Verborgenen addieren und die wir erst in der Rückschau als irreparablen Bruch erkennen werden", fürchtet Moretti. An Tirol selbst kritisiert der Schauspieler vor allem die Vermarktung der "Marke Alpenraum". Die "touristische Industrie" reduziere die Tiroler Lebenskultur auf ihren Freizeitwert und dessen Gewinnträchtigkeit. Die "Lebenskultur" werde "zu Gunsten des unbegrenzten Wachstums der Einnahmen zerstört". Den Freizeitwert, den Tirol heute vermarkte, werde es dadurch schon morgen nicht mehr geben. "Der wirtschaftliche Wohlstand, den wir daraus gewinnen, wird schon uns nicht überleben, geschweige denn unsere Kinder", warnt Moretti.(APA)