Noch schnell absprechen, bevor "Tacheles" geredet wird: Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) und Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ)

Foto: Matthias Cremer

Wien - Gemessen am Publikumsinteresse sollte eigentlich Gabriele Heinisch-Hosek die Erste sein, die auf Besuch in die Bundesländer geschickt wird. Bei der Präsentation der großen Kommunikationsoffensive der Bundesregierung in der Wiener Hofburg musste die Bildungsministerin einige Male zum Mikrofon greifen, um etwa in Sachen Zentralmatura zu beruhigen: Nein, die ministerielle Pausetaste für die Bildungsstudien Pisa, PIRLS, TIMMS und die Testung der Bildungsstandards werde keine Auswirkungen auf die standardisierte Reifeprüfung haben. Schulen, die bereits heuer Teilbereiche der Zentralmatura vorziehen, "werden das tun können, zur Not mit Beispielen aus dem Ministerium". Und für die flächendeckende Zentralmatura ab 2015 an allen AHS ist Heinisch-Hosek "überzeugt, dass bis dahin Datensicherheit hergestellt ist".

Darüber ließe sich natürlich trefflich streiten - tat man aber nicht. Stattdessen stellten der Kanzler und sein Vize vor rund 300 geladenen Gästen ganz situationselastisch auf Plaudermodus - und erzählten im Ton eines Kaffeehaustratsches von den Mühen der Koalition, streiften die Problembank Hypo, schnitten die Lage in der Ukraine an, bereiteten mit der Warnung vor "hetzerischen Parteien" auf die Europawahlen vor.

Neun Mal kommunizieren

"Rüberkommen muss, dass man das Gemeinsame ins Zentrum stellt, das habe ich aus der Wahlauseinandersetzung gelernt", beschrieb ÖVP-Chef Michael Spindelegger unverblümt die Absicht hinter der Veranstaltung, die unter dem Titel "Erfolgreich. Österreich." die Werbetrommel für einen neuen Regierungsstil rühren soll.

Was groß klingt, beschränkt sich im Detail auf neun Termine in den Bundesländern, jeweils von zwei Spiegelministern zu absolvieren. So bekommt bis Ende April jedes Bundesland Besuch von zwei Regierungsmitgliedern. Die Steiermark muss sich mit den Staatssekretären zufriedengeben, Kärnten scheint bis dato noch gar nicht im Tourkalender auf, offiziell wegen Koordinationsproblemen der beiden Minister Josef Ostermayer (Kultur, SPÖ) und Sebastian Kurz (Außenpolitik, ÖVP). Wer vorbeikommen darf, wird per Brief informiert. Einzelne Veranstaltungen will man auch für den gemeinen Bürger öffnen.

Und was der dann zu hören bekommt, darauf lieferten Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger am Mittwoch einen ersten Vorgeschmack. Die Fakten: Der Vizekanzler schläft "derzeit etwas begrenzt", während Kanzler Faymann hier "gut" unterwegs ist, im Moment sogar "mehr Schlaf als während der Regierungsbeteiligung" bekommt. Beide verfolgen die Absicht, "im positiven Sinne zu streiten", haben "erst heute früh" laut Spindelegger ein "nettes, phasenweit interessantes Gespräch" geführt. Worum's da ging? Bitte, es gibt Wichtigeres zu besprechen.

Etwa dass Spindeleggers Sohn, an diesem Mittwoch exakt 14 Jahre alt, nicht die Zukunft verbaut werden soll - stellvertretend für "die Jugend" , in deren Sinne ein Nulldefizit "unser Ziel" sein müsse. Oder dass Faymann, von Ex-ZiB-Moderator Gerald Groß gefragt, ob Probleme wie jene mit der Hypobank koalitionsintern zusammenschweißen würden, um den Ärger der Steuerzahler weiß: "Als Paartherapie habe ich schon billigere Therapiemöglichkeiten gesehen." Jetzt gehe es um die Bewältigung des Hypoproblems und da "gibt es nichts, was man sich nicht anschaut". Zuvor war für ihn lediglich ausgeschlossen "mit irgendwelchen Insolvenzszenarien" zu spielen.

Griffig wird es dort, wo die Spitzen der Regierung aus dem Bauch heraus antworten. Wenn der Vizekanzler etwa im Hinblick auf mögliche populistische Begehrlichkeiten aus der eigenen Partei meint: "Wenn ich das ausschließen würde, würden's mich auslachen in meiner Partei." Da habe man ja erst unlängst "Diskussionen gehabt".

Netter Kaffee

Oder als versucht wird zu erklären, warum sich ein gemeinsames Bier nie ausgeht. Faymann: "Weil die nächste Besprechung in einer halben Stunde von der Hypo handelt und da hat man keinen Gusto auf Bier." Spindelegger: "Wir trinken gemeinsam Kaffee und Wasser. Ein Bier vielleicht nach dieser Regierungsperiode." Nichts würde besser passen zu diesem "netten, phasenweit interessanten" Plauderstündchen. (Karin Riss, DER STANDARD, 13.3.2014)