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Empathie von Mensch zu Menschenaffe: Schimpansen lassen sich von Menschen zum Mitgähnen animieren. Bei Hunden ist das allerdings auch nicht viel anders: Auch sie gähnen oft mit ihren Besitzern mit.

Foto: APA/EPA/ROLAND WEIHRAUCH

Menschen tun es, die meisten anderen Säugetiere tun es auch. Bei Köhlerschildkröten jedoch konnte nichts dergleichen beobachtet werden - eine Erkenntnis, die dem österreichischen Verhaltensbiologen Ludwig Huber sogar den Ig-Nobelpreis für Physiologie 2011 eintrug. Die Rede ist von der Fähigkeit des Mitgähnens, die der Wissenschaft nach wie vor einige Rätsel aufgibt.

Neurobiologisch scheint klar, dass Spiegelneuronen am Mitgähnen zumindest beteiligt sind. Aber auch noch andere Faktoren dürften dabei eine Rolle spielen: Kleine Kinder verfügen nämlich noch nicht über diese Fähigkeit. Und auch autistische Kinder tun sich beim Mitgähnen schwer.

Bei Schimpansen wurde die Fähigkeit bereits vor über zehn Jahren von japanischen Forschern erstmals dokumentiert. Doch von wem lassen sich die Menschenaffen anstecken? Bloß von ihnen bekannten Artgenossen oder auch von ganz anderen oder ihnen unbekannten Menschenaffen?

Diesen Fragen gingen nun die US-Verhaltensforscher Matthew Campbell und Frans de Waal von der Emory University (Lawrenceville) nach. Sie hatten ebenfalls bereits vor einigen Jahren gezeigt, dass Schimpansen sich vom Gähnen anderer Schimpansen anstecken lassen - allerdings nur, wenn diese zu ihrer sozialen Gruppe gehören. Nun wollten die Forscher herausfinden, inwieweit Angehörige anderer Arten empathisches Verhalten bei Schimpansen hervorrufen.

Die beiden Primatologen spielten dazu 19 Schimpansen aus dem Yerkes National Primate Research Center (Atlanta) eine Reihe von Gähn-Videos vor, auf denen Menschen und Blutbrustpaviane zu sehen waren. Einige der Menschen waren den Schimpansen seit mindestens einem Jahr bekannt, andere hatten sie noch nie zuvor gesehen. Die Blutbrustpaviane auf den Videos leben im deutschen Naturzoo Rheine. Mit diesen - oder anderen Vertretern dieser Art - hatten die Schimpansen keinen Kontakt gehabt.

Auch unbekannte Menschen animieren zum Mitgähnen

Das eindeutige Ergebnis der im Fachblatt "Proceedings of the Royal Society B" veröffentlichten Studie: Schimpansen lassen sich sowohl von vertrauten als auch von unbekannten Menschen zum Gähnen animieren. Auf Blutbrustpaviane hingegen reagierten die Schimpansen nicht. Wie die beiden Forscher folgern, müssen die Schimpansen nicht jedes einzelne Individuum kennen, um mit ihm mitzuempfinden. Aber es muss zu einer Art gehören, zu der sie in der Vergangenheit positive soziale Beziehungen hatten.

In diesem Sinne lässt sich nach Ansicht der Forscher auch ihre ältere Studie interpretieren, die gezeigt hatte, dass fremde Schimpansen von den Versuchstieren zwar intensiv beobachtet werden, diese aber kein Mitgähnen auslösen. In freier Natur begegneten sich fremde Schimpansen feindselig, und diese Feindseligkeit stehe dem empathischen Empfinden entgegen.

Die Blutbrustpaviane würden nicht als feindlich betrachtet, sie seien sozial schlicht bedeutungslos, vermuten die Forscher. Zudem zeige ihre Studie, dass Empathie oder eben Mitgähnen mit anderen Arten keine ausschließlich menschliche Eigenschaft sei.

Unsere nächsten lebenden Verwandten sind dabei allerdings auch nicht die große Ausnahme: Bereits vor sechs Jahren hatten Forscher gezeigt, dass sich rund 72 Prozent der Hunde durch Menschen oder menschliche Gähngeräusche zum Mitgähnen verleiten ließen. (tasch; APA, DER STANDARD, 12.3.2014)