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Am Vortag des dritten Fukushima-Jahrestages durften Medienvertreter in Schutzanzügen das Anti-Erdbeben-Gebäude des havarierten AKWs in Fukushima besuchen.

Foto: REUTERS/Toru Hanai

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In der Präfektur Fukushima wurde in Iwaki indes mit einem Lichtermeer der tausenden Tsunami-Opfer gedacht.

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Just am Vorabend des dritten Jahrestages des Super-GAUs im Kernkraftwerk Fukushima verkündete Japans Ministerpräsident Shinzo Abe: Die rechtskonservative Regierung wolle wieder Kernkraftwerke ans Netz bringen, Reaktoren, "die gemäß den strikten Sicherheitsauflagen der Atomaufsicht für sicher befunden wurden und zugleich das Verständnis der lokalen Bevölkerung gewinnen". An diesem Tag demonstrierten mehr als 30.000 Menschen vor Abes Amtssitz und dem Parlament gegen Atomenergie.

Dabei liegt der letzte größere Zwischenfall im AKW Fukushima erst drei Wochen zurück: 100 Tonnen hochradioaktiven Wassers liefen im Februar aus einem Tank auf dem Gelände des AKWs Fukushima Daiichi aus. Menschliches Versagen: Mitarbeiter hatten verseuchtes Wasser versehentlich in einen bereits vollen Behälter umgepumpt. Das stundenlange Klingeln eines Alarms hatten die Mitarbeiter für einen Fehler des Meldesystems gehalten.

Zahlreiche Fehltritte

Nur ein weiterer der zahlreichen Fehltritte, die sich die Betreiberfirma Tepco geleistet hat: Wenige Tage vor dem Überlaufen des Wassertanks hatte Tepco den Zorn der japanischen Atomaufsicht auf sich gezogen, weil über mehrere Monate hinweg falsche Angaben über eine radioaktive Wasserverseuchung in Rekordhöhe in der Nähe des Kraftwerkes gemacht worden waren.

Nach etlichen Fehlern des Betreibers hatte Japans Regierung 2013 die Verantwortung für die Arbeiten in Fukushima Daiichi übernommen. Seit November entfernt Tepco nun unter Beobachtung der japanischen Atomaufsicht 1331 Brennelemente aus Reaktorblock 4 der Anlage. Diese sollen weniger beschädigt sein als jene in den Blöcken 1 bis 3.

Ungewisser Erfolg

Zumindest diese Arbeit scheint bisher reibungslos zu funktionieren. Allerdings beginnt der schwierige Teil des Aufräumprojektes erst mit dem Entfernen der Brennelemente aus den drei anderen Reaktoren. Sie wurden bei der Kernschmelze teils beschädigt. Noch dazu ist die Radioaktivität in den Gebäuden so hoch, dass Menschen sie nicht einmal in Schutzanzügen betreten können. Daher werden diese Arbeiten komplett ferngesteuert über Roboter laufen müssen. Kritiker weisen darauf hin, dass ein Teil der für die Bergung nötigen Technologien noch gar nicht erprobt ist.

Ungewiss ist auch der Erfolg eines geplanten unterirdischen Schutzwalls aus Eis. Er soll bis März 2015 erstellt werden und die vier beschädigten Reaktoren über eine Länge von 1,4 Kilometern umschließen. So will Tepco weiteres Eindringen von Grundwasser verhindern. Bisher fließen täglich rund 400 Tonnen Wasser in die beschädigten Reaktoren und vermischen sich dort mit hochradioaktivem Kühlwasser. Ein Teil davon wird abgepumpt und in riesigen Behältern aufbewahrt. Allein bis Mitte Februar dieses Jahres sollen in Fukushima Daiichi 340.000 Tonnen verseuchtes Wasser gelagert worden sein.

Filtersystem im Test

Ein seit langem geplantes Filtersystem, mit dem mehr als 60 verschiedene radioaktive Substanzen aus dem Wasser gefiltert werden sollen, hat noch nicht einmal die Testphase überstanden. Und auch Überlegungen, den Boden des Kernkraftwerksgeländes abzudichten, sodass zumindest kein Regenwasser mehr eindringen kann, kamen bisher nicht über die Planungsphase hinaus. Also rinnen Tag für Tag große Mengen belastetes Wasser vom Atomkraftwerk in den Pazifik.

Eine unmittelbare Bedrohung für die Bevölkerung sei laut Regierungsangaben nicht gegeben. Allerdings liegt die örtliche Fischerei- und Agrarwirtschaft am Boden, und noch immer sind 140.000 Einwohner der Präfektur Fukushima evakuiert. Selbst wenn in diesem Frühling nochmals einige Orte oder auch nur Straßenzüge von den Behörden zum Bewohnen freigegeben werden: Die wenigsten Anwohner dürften in die direkte Nähe des Kernkraftwerkes zurückkehren.

Drei Jahre nach dem schweren Unglück bleibt Japans Regierung somit nur eines zu tun: Schadensbegrenzung. Während Tepco vor allem mit dem eigenen Überleben beschäftigt zu sein scheint, muss Tokio noch mehr Verantwortung übernehmen. Laut jüngsten internationalen Agenturberichten werden für die Aufräumarbeiten in Fukushima Menschen von Mafiagangstern angeworben und um einen Großteil ihres Lohns gebracht. (Birga Teske aus Tokio, DER STANDARD, 11.3.2014)