Das nur eine Atomlage dünne Graphen gilt als "Wundermaterial" für viele mögliche Anwendungen. Seit einigen Jahren machen aber weitere Materialien mit besonderen Eigenschaften in zweidimensionaler Form Hoffnung auf neue technologische Möglichkeiten. Eines davon ist Wolframdiselenid. Wiener Physiker stellen nun im Fachjournal "Nature Nanotechnology" hauchdünne Solarzellen aus dem Material vor.

Zukunftshoffnung in der Materialforschung

Die Graphen genannten zweidimensionalen Kristalle aus Kohlenstoff gelten ob ihrer bemerkenswerten Eigenschaften als große Zukunftshoffnung in der Materialforschung: Sie sind das dünnste, steifste und stärkste bekannte Material, das die höchste Wärmeleitfähigkeit besitzt, absolut undurchlässig für Gase ist und bei Raumtemperatur elektrischen Strom besser als alle anderen Stoffe leitet. "Graphen sticht damit noch immer aus den anderen in den vergangenen Jahren entdeckten zweidimensionalen Materialien hervor, aber es gibt Anwendungen, die andere Eigenschaften erfordern", erklärte Thomas Müller vom Institut für Photonik der Technischen Universität (TU) Wien im Gespräch mit der APA.

Eine dieser Eigenschaften ist die Möglichkeit, das Material als Solarzelle zu nutzen. Mit Metallen, wie Graphen eines ist, geht das nur sehr schwer, mit Halbleitern dagegen viel leichter. Ein solcher Halbleiter ist Wolframdiselenid (WSe2) - mit dem man einen heißen Kandidaten für das nächste zweidimensionale "Wundermaterial" gefunden zu haben scheint. Gleich drei Arbeiten zu WSe2 mit ganz ähnlichen Ergebnissen erschienen nun in "Nature Nanotechnology".

Mit Wolframdiselenid lässt sich elektrische Leistung generieren

Das Material besteht aus einer Schicht Wolfram-Atomen, die oberhalb und unterhalb mit einer Lage Selen-Atomen verbunden sind. Wolframdiselenid absorbiert Licht ähnlich gut wie Graphen - etwa fünf Prozent bei nur drei Atomlagen. Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied: Mit Wolframdiselenid lässt sich elektrische Leistung generieren - und zwar wird ein Zehntel des vom Material absorbierten Lichts in Leistung umgewandelt. Damit ist der interne Wirkungsgrad des Materials relativ hoch.

Durch das Stapeln mehrerer ultradünner WSe2-Schichten könnte man einen größeren Anteil des einfallenden Lichtes nutzen. Doch manchmal ist die hohe Transparenz durchaus vorteilhaft: "Wir können uns etwa Solarzellen-Schichten auf Glasfassaden vorstellen, die das meiste Licht ins Gebäude lassen und trotzdem Elektrizität generieren", so Müller in einer Aussendung der TU.

Die in den Labors untersuchten Solarzellen aus Wolframdiselenid sind noch winzig und gerade ein mal ein Mikrometer groß. "Als nächsten Schritt muss man einmal die Fläche hochskalieren", sagte Müller. Es gebe auch schon Forscher, die damit beginnen, das Material großflächig herzustellen. Grundsätzlich sei die Herstellung von WSe2 einfach und billig und brauche nicht so hohe Energien wie etwa das Wachstum von Halbleitern. Dennoch stecke die Technologie "noch in den Kinderschuhen".

Die Wolframdiselenid-Schicht kann aber nicht nur Sonnenlicht in Strom umwandeln, sie kann auch zum Leuchten gebracht werden, wenn man eine Spannung anlegt. WSe2 emittiert zwar nur infrarotes Licht, sagte Müller. Ein verwandtes Material (Molybdändisulfid) leuchte hingegen rot, und es würden sich sicher auch noch andere Materialien für die verschiedenen Farben finden. Vielleicht können eines Tages mit den atomar dünnen Materialien flexible Displays oder auch großflächige Raumbeleuchtungen hergestellt werden.(APA, 10.3. 2014)