Wien - Den Russen geht es immer schlecht, selbst in den Komödien tut alles weh. Wie trist sind erst die Tragödien! Für alle Fälle hängt seit Tschechow immer eine geladene Flinte bereit. Sie steht auch in Iwan Wyrypajews Drama Valentinstag zu Diensten. Das Gewehr ist die letzte Versicherung zweier in Hassliebe aneinandergeketteter Frauen: Valentina (Gabriele Dossi) und Katja (Ingrid Lang), die denselben Mann (Harald Windisch) geliebt haben und dies über dessen Tod hinaus tun.

Valentinstag (2001) spürt der leidenden Seele nach, dem banalen Liebesleben, das dennoch die größten biografischen Katastrophen heraufbeschwört. Bei der österreichischen Erstaufführung im Hamakom-Theater zeigt Regisseur Frederic Lion das Trio infernale im Transit (Umzugskisten belagern die Bühne, Raum: Andreas Braito). Ein plausibler Gedanke, denn die drei Geschöpfe wechseln stets zwischen drei Zeitebenen (vor 40, vor 20 Jahren und jetzt).

Lenin winkt ihnen von der Leinwand, später die "Perestroika", die Melancholie erspielt Katja am Akkordeon. Sie alle sind nicht ganz von dieser Welt, aber umso tatkräftigere Verfechter ihres Schmerzes. Den wärmt man sich unter staubigen Pelzmützen, betäubt ihn mit Wodka oder flieht vor ihm im - logisch: Kosmonautenanzug. Wyrypajews Stück lebt von seinen irrwitzigen Dialogen, Lion hat sie in schöne, immer wieder überraschende Schräglagen versetzt. (Margarete Affenzeller, DER STANDARD, 10.3.2014)