In der City of London wird erneut heftig über die Vergütungen führender Banker und Händler diskutiert. Im Kreuzfeuer der Kritik steht der Barclays-Konzern. Das traditionsreiche Bankhaus musste vergangene Woche einen Gewinnrückgang um 32 Prozent melden, will seinen knapp 500 Höchstverdienern aber zehn Prozent mehr zahlen als im Vorjahr.

Bankchef Antony Jenkins soll Aktienoptionen im Wert von 5,7 Mio. Euro erhalten. Große Aktionäre des Unternehmens äußerten sich ebenso kritisch wie Mitglieder des britischen Parlaments. "Eine Bonuszahlung sollte von der Performance abhängen", sagte der konservative Chef des Finanzausschusses, Andrew Tyrie. Er hat den Zentralbank-Gouverneur zu einer Sitzung seines Gremiums vorgeladen und will dort härteres Vorgehen anmahnen.

Barclays hatte sich auf dem Höhepunkt der globalen Finanzkrise im Oktober 2008 durch einen Finanzierungsdeal mit dem steinreichen Scheichtum Katar vor der Teilverstaatlichung gerettet. Im Skandal um die langjährige Manipulation wichtiger Interbank-Zinssätze wie Libor und Euribor büßte das Unternehmen im Sommer 2012 seine gesamte, bis zuletzt uneinsichtige Konzernspitze ein, darunter auch den hemdsärmeligen CEO Bob Diamond.

Aus den Schlagzeilen

Dessen Nachfolger Jenkins räumte "ernste Fehler" ein und gelobte, den Konzern aus den Schlagzeilen zu führen. Dieses Vorhaben scheint gründlich misslungen. In einem Interview mit dem Daily Telegraph klang Jenkins schon beinahe wie sein Vorgänger: Die Millionenboni für 481 Spitzenverdiener, zwölf Prozent mehr als im Vorjahr, rechtfertigte er mit einer angeblichen Abwanderungswelle in der US-Investmentbank. Der 52-Jährige wehrte sich auch gegen längere Zahlungsfristen: Boni erst mit einer Verzögerung von mehr als fünf Jahren auszuzahlen mache die Zusatzvergütung "beinahe bedeutungslos". Viele Fachleute auf der Insel drängen auf die längeren Fristen, um sicherzustellen, dass Boni nicht zeitnah für Risiko-Deals bezahlt werden, die sich später als fatale Fehlentscheidung herausstellen. Diese Meinung vertritt auch Zentralbank-Gouverneur Mark Carney.

Dem Kanadier dürfte am Dienstag im Unterhaus ein ungemütlicher Vormittag bevorstehen. Parteiübergreifend ärgern sich viele Abgeordnete über das lasche Vorgehen der Zentralbank, die seit vergangenem Jahr wieder für die Bankaufsicht zuständig ist. Erst kürzlich hatte der zu einem Drittel in Staatsbesitz befindliche Lloyds-Konzern die Jahresvergütung trotz Nettoverlustes für seinen Chef António Horta-Osório auf neuen Mio. Euro verdoppelt; Auch bei der schlingernden notverstaatlichten Royal Bank of Scotland (RBS) streichen Trader trotz neuerlichen Milliardenverlustes hohe Boni ein. (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD, 10.3.2014)