Octocorallia (weiche Korallen) und Schlangensterne zählen zu den Bewohnern des neuentdeckten Riffs.

Foto: TU Bergakademie Freiberg / Dr. Thomas Pohl

Freiberg - Korallen gelten - nicht zu Unrecht - als hochempfindliche Tiere, die mit Veränderungen ihrer Umweltbedingungen nicht besonders gut zurechtkommen. Offenbar verkraften sie aber auch Verhältnisse, die alles andere als optimal erscheinen. Das zeigt die unerwartete Entdeckung eines Korallenriffs vor der irakischen Küste, von der die TU Bergakademie Freiberg berichtet.

Forscher der Akademie entdeckten bei wissenschaftlichen Tauchexpeditionen im Vorjahr das bislang unbekannte Riff im Persischen Golf, genauer gesagt im Mündungsgebiet des Schatt al-Arab, des Zusammenflusses von Euphrat und Tigris. Was schon der erste Grund ist, warum man dort kein Riff erwartet hätte: Das Material, das diese Flüsse ins Meer schwemmen, führt zu einer Trübung des Wassers - keine ideale Umgebung für Korallen. Die Trübung verhinderte auch, dass das immerhin 28 Quadratkilometer große Riff schon einmal von einem Satelliten erspäht worden wäre, erklärt der Freiberger Hydrogeologe Broder Merkel.

Widrigen Verhältnissen getrotzt

"Der Fund war eine Sensation für uns alle", ergänzt Hermann Ehrlich, "denn tropische Korallenriffe sind ein äußerst sensibles Ökosystem. Sie entstehen normalerweise in klaren Gewässern, deren Temperatur selten unter 20 Grad Celsius absinkt. Hier dagegen gibt es Temperaturschwankungen zwischen 14 und 34 Grad Celsius." Was bereits der nächste Negativfaktor ist - zudem herrschen in dem Gebiet noch hohe Strömungsraten und Salzgehaltschwankungen im Jahresverlauf vor. Und trotzdem hält sich das vier mal sieben Kilometer große tropische Riff.

Bei ersten Untersuchungen zeigten sich allerdings Unterschiede zu anderen Riffen, die in angenehmeren Teilen der Region liegen: Vier der identifizierten Korallengruppen gehören laut den Forschern besonders langsam wachsenden Arten an, die massiv und robust genug sind, um sich unter den rauen Umgebungsbedingungen entwickeln und überleben zu können. Weitere Untersuchungen sollen noch in diesem Jahr folgen, um die Korallenökosysteme unter diesen besonderen Klima- und Umweltbedingungen besser zu verstehen. (red, derStandard.at, 9. 3. 2014)