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Gegner der Festplattenabgabe unterwanderten im Herbst 2012 eine Demonstration in Wien für die Abgabe

Foto: APA / Georg Hochmuth

Viel Aufregung gab es in den letzten Wochen rund um die "Festplattenabgabe", mit der Künstler für Privatkopien entschädigt werden sollen. Allerdings könnte die Entscheidung über eine Abgabe gar nicht durch die österreichische Bundesregierung fallen - nämlich dann, wenn die EU-Kommission eine europaweite Regelung bestimmt. Dazu aufgefordert wurde die Kommission kürzlich vom EU-Parlament, dessen Rechtsausschuss sich nach langem Streit für eine "Urheberrechtsgabe auf sämtliche Medien und Geräte, mit denen Privatkopien erstellt werden können", ausgesprochen hatte.

Treibende Kraft hinter dem Bericht war die Europäische Volkspartei (EVP), während die europäische Sozialdemokratie laut Evelyn Regner, Vizefraktionsleiterin der SPÖ im EU-Parlament, in dieser Frage "noch nicht zu einem endgültigen Ergebnis gekommen ist". Kurzum: Man ist zerstritten, es gibt also durchaus Parallelen zur hiesigen SPÖ. Sodann stimmten vergangene Woche auch sämtliche SPÖ-Abgeordnete außer Hannes Swoboda gegen den Bericht und damit gegen die Parteilinie der europäischen Sozialdemokratie. Regner selbst blieb der Abstimmung fern, sie nennt die Abgabe auf Anfrage "unzeitgemäß" und kritisiert, dass sie das Nutzungsverhalten nicht abbilde. Kurzfristig könne sie aber für Künstler Einkommen überbrücken.

ÖVP-Fraktion: "Notlösung"

Die ÖVP-Fraktion stimmte mit der Mutterpartei EVP pro Festplattenabgabe - wenn auch mit Bauchschmerzen: Abgeordneter Hubert Pirker nennt sie eine "Notlösung", bei der "viele Fragen offen" blieben. Er lobt allerdings die einfache Umsetzbarkeit des Modells. Alle anderen österreichischen EU-Abgeordneten, von FPÖ über Grüne bis zu Liberalen und Parteifreien, stimmten gegen den Bericht oder blieben der Abstimmung fern.

Auf europäischer Ebene zeigten sich nicht nur zwischen Parteien, sondern auch zwischen einzelnen Ländern große Unterschiede: Vor allem die skandinavischen Staaten machen sich gegen eine Festplattenabgabe stark, plädieren für Straffreiheit bei illegalen Downloads und eine Kulturflatrate. Frankreich hingegen urgiert stark für eine Urheberrechtsgabe, die Abgabe auf CD-Rohlinge ist in der Grande Nation jetzt schon höher als deren Herstellungskosten. Schlussendlich haben sich die Befürworter einer Abgabe durchgesetzt. Der Rechtsausschuss nennt im Bericht zahlreiche Gründe für die Abgabe: So hätten Studien ergeben, dass 23 von 28 EU-Ländern bereits irgendeine Form der Urheberrechtsabgabe auf Geräte oder Medien eingeführt hätten. Gleichzeitig gebe es kaum "nennenswerte" Preisunterschiede.

60 Millionen

Trotz der Favorisierung einer Festplattenabgabe, die in Österreich bis zu 60 Millionen jährlich in die Kassen der Verwertungsgesellschaften spülen könnte, erfüllt der EU-Bericht allerdings nicht alle Wünsche der Musikwirtschaft. So wendet man sich im Bericht gegen einen Kopierschutz, Konsumenten müssen ihre erworbenen Kulturgüter überspielen dürfen. Direkte Konsequenzen hat die Abstimmung nicht: Der Ausschuss kann die EU-Kommission lediglich auffordern, einen Gesetzestext auszuarbeiten, der dann wiederum dem EU-Parlament zur Abstimmung vorgelegt wird. Allerdings hat der Bericht starke Symbolkraft und macht eine EU-weite Lösung wahrscheinlich. Das dürfte wiederum den heimischen Elektrohändlern entgegenkommen.

Diese machen momentan stark gegen eine Festplattenabgabe Druck, begründen dies aber vor allem mit der Möglichkeit, Festplatten aus dem EU-Ausland ohne Abgabe zu bestellen. Diese Option würde bei einer europaweiten Regelung wegfallen. (fsc, derStandard.at, 6.3.2014)