Sie sind nur wenige Millimeter klein, verstecken sich in Smartphones, Smartcards, Schlüsselanhängern und Aufklebern und verwandeln diese in Zauberstäbe: NFC-Mikrochips (Near Field Communication) zur kontaktlosen Datenübertragung über kurze Reichweiten können in die unterschiedlichsten Geräte integriert werden. Mit der geballten Intelligenz der winzigen Halbleiterkomponenten mutieren ihre "Träger" nach Bedarf zu Wohnungs- oder Autoschlüsseln, elektronischen Ausweisen, Fahrkarten, Geldbörsen, Eintrittskarten oder automatischen Notizbüchern.

Mithilfe von NFC-Technologie können zwei entsprechend ausgerüstete Handys ohne Mobilfunk und umständliches Getippe miteinander kommunizieren, indem sie etwa die elektronischen Visitenkarten ihrer Besitzer, Fotos und Musik austauschen oder auch längere Texte kontaktlos vom einen auf das andere Gerät übertragen. Hat man beispielsweise eine Webseite im Browser geöffnet und will sie jemandem zeigen, braucht man die beiden Geräte nur kurz aneinanderzuhalten, sodass die auf dem einen Gerät aufgerufene URL an das andere übermittelt und automatisch im Browser geöffnet wird. Auch für die Werbebranche bietet die NFC-Technologie neue Möglichkeiten: So können beispielsweise auf Werbeplakaten NFC-Etiketten angebracht werden, die bei Berührung mit einem NFC-tauglichen Handy eine vordefinierte Funktion auslösen - etwa Aktionswebseiten auf das Smartphone übermitteln.

NFC ist mit der schon bekannteren RFID-Technologie (Radio Frequency Identification) eng verwandt. Diese findet sich zum Beispiel in und auf Produkten im Supermarkt und löst stetig die alten Barcodes ab. Die kleinen Funkchips auf den Waren werden drahtlos mit einem RFID-Lesegerät ausgelesen. Das spart Zeit und Kosten. Anders als bei RFID funktioniert die Datenübertragung bei NFC bewusst nur über sehr kurze Distanzen von einigen Millimetern bis zu maximal zehn Zentimetern, wodurch sich die Möglichkeiten für Missbrauch reduzieren. RFID-Transponder dagegen können noch aus einer Entfernung von mehreren Metern ausgelesen werden.

Erfunden wurde die NFC-Technologie bereits vor einigen Jahren von den Firmen Sony und NXP (damals Philips). Die Mitarbeiter der österreichischen NXP-Niederlassung im steirischen Gratkorn bei Graz haben aus dieser Innovation ein fertiges Produkt entwickelt, das im Bereich der Near Field Communication mittlerweile zum Marktführer geworden ist. Nun ist dem steirischen Halbleiterunternehmen ein weiterer Innovationssprung im zukunftsträchtigen Feld der NFC-Technologie gelungen: Der prosaisch "PN547" genannte Mikrochip der neuen Generation ist nicht nur kleiner, kompakter, leistungsstärker und energieeffizienter als sein Vorgänger, sondern macht auch das Handling des jeweiligen Endgeräts bequemer.

Touch and go

"Bisher musste der Nutzer sein Gerät erst richtig positionieren, um eine Transaktion durchführen zu können", erläutert Michael Jerne von NXP Semiconductors. "Der neue Mikrochip ermöglicht dagegen eine intuitive Bedienung, die nur noch eine einzige kleine Handbewegung erfordert - das erhöht den Nutzerkomfort enorm." Ein weiterer Vorteil der neuen Halbleiterkomponente, die für den Staatspreis Innovation nominiert wurde: Sie ist in ein NFC-Gesamtkonzept eingebettet. Während kontaktlose Anwendungen wie beispielsweise das Buchen und Lösen von Fahrkarten und anderen Tickets, Zugangskontrolle, E-Government oder E-Payment heute oft noch getrennt betrachtet und von unterschiedlichen Systemen auf verschiedenen Karten durchgeführt werden, erlaubt die neue NXP-Entwicklung die Kombination vieler Funktionen auf einem einzigen Gerät.

Mobiles Multitalent

Seinen diversen Datenübertragungsaufgaben soll das winzige Multitalent künftig vor allem in Mobiltelefonen nachkommen, immerhin bestücken viele Hersteller von Smartphones ihre Geräte bereits mit NFC-Funkantennen. "Dem Endanwender wird damit die Möglichkeit geboten, die unterschiedlichsten Anwendungen bequem und sicher mit nur einem Gerät durchzuführen", sagt Jerne.

30 Forscher haben zwei Jahre lang an dieser Innovation gearbeitet, über zehn Millionen Euro sind in den Entwicklungsprozess geflossen. Ob sie sich bezahlt machen, wird sich zeigen - immerhin machten die Steirer auch den noch nicht ganz so geschickten Vorgänger von "PN547" zum weltweit meistverkauften NFC-Chip. Eine Stärke des Unternehmens sieht Jerne übrigens in der Internationalität der rund 400 Mitarbeiter: "Bei uns arbeiten Menschen aus 35 Nationen. Diese Vielfalt stärkt unsere Kreativität." Abgesehen davon könnte die Firma ihren Bedarf an Experten in Österreich gar nicht decken - wenn man sich auch um den Forschernachwuchs bemüht: NXP beschäftigt laufend Studierende im Rahmen von Projekten und Diplomarbeiten. (Doris Griesser, DER STANDARD, 5.3.2014)