Russland ist nicht nur ein bedeutender Ölexporteur; noch wichtiger ist Russlands Rolle als Gaslieferant für Europa. Weil etwa 70 Prozent des russischen Erdgases über ukrainische Transitpipelines nach Europa gelangen, könnten im Fall einer Eskalation des Streits um die Halbinsel Krim auch Industriebetriebe und Haushalte in Europa betroffen sein.

"Sollte es zu längeren Lieferausfällen durch die Ukraine kommen, könnte in der Tat die Energieversorgungssicherheit mit Erdgas gefährdet werden" , sagte die Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Claudia Kemfert der Onlineausgabe des Handelsblatts.

Ähnlich äußerte sich am Montag auch der Chefvolkswirt der Commerzbank Jörg Krämer: "Wenn die Ukraine als Transitland ausfiele, könnte nur die Hälfte des Gases über andere Länder geliefert werden, was ein Risiko für die Energieversorgung Westeuropas darstellt."

Die Politik ist indes um Beruhigung bemüht. Die Regierungen in Berlin und Wien weisen daraufhin, dass die Speicher gut gefüllt seien. Es gebe keinen Anlass zur Sorge. Tatsächlich hat es bisher noch keinen Lieferausfall gegeben.

Noch etwas sei in der augenblicklichen Situation trotz aller Dramatik von Vorteil: "Der Winter ist vorbei, wir nähern uns dem Frühling und damit Zeiten mit geringerem Verbrauch", sagte OMV-Chef Gerhard Roiss. Die Speicher in Österreich seien nach einem vergleichsweise milden Winter noch zu 40 bis 50 Prozent gefüllt, die verbliebenen 2,5 bis drei Milliarden Kubikmeter reichten für die nächsten Monate.

Sicherheitsvorkehrungen

Österreich bezieht mehr als die Hälfte seines Gasbedarfs von zuletzt 7,5 Milliarden Kubikmeter aus Russland. Nach dem letzten in einer langen Serie von Streits zwischen Russland und der Ukraine um das Gas, der Anfang 2009 zu mehrtägigen Lieferausfällen geführt hat, wurden die Gasspeicher in Österreich kräftig erweitert. Außerdem wurde europaweit viel Geld investiert, dass Pipelines auch in umgekehrter Richtung (Reverse flow) betrieben und damit Länder in Osteuropa bei Bedarf auch über Westeuropa mit Erdgas beliefert werden können. (Günther Strobl, DER STANDARD, 4.3.2014)