Unterricht in der Muttersprache ist in vielen Schulen bereits fixer Bestandteil des Lehrplans.

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Trotzdem ist sprachlicher Misch-Masch im Alltag keine Seltenheit.

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Die Sprachkenntnisse von MigrantInnen sind und bleiben in unserer multikulturellen Einwanderungsgesellschaft ein Reizthema. Doch neben den Statistiken, Umfragen und Analysen zu Deutsch- und Erstsprachenkenntnissen bleibt ein Aspekt oft verborgen: Wie sieht der reale Sprachgebrauch von MigrantInnen aus?

Kanak-Sprak, doppelte Halbsprachigkeit, Kiez- und Piefkedeutsch werden die aktuellen (oft umgangssprachlichen) Varianten des Deutschen hierzulande abschätzig genannt. Fakt ist, dass in vielen migrantischen Familien nicht nur eine oder zwei Sprachen gesprochen, sondern dass diese Sprachen oft zu einem ganz besonderen Mix verwoben werden. „Malo sutra schaffst du das!“ oder „Führerscheinınızı bizde yapınız!“ sind etwa Beispiele für unverwechselbare Sprachmischungen, die wir gerne Misch-Masch oder Miš-Maš nennen. 

Community-Umfeld

Miš-Maš entsteht in familiären bzw. Community-Umfeldern oder auch in Schulen und hat verschiedene Funktionen. Innerhalb multilingualer Familien kommt es vielleicht wegen unterschiedlicher Sprachniveaus zu einem Mix: Wenn einem ein Wort in der einen Sprache nicht einfällt, schiebt man es eben so ein, wie es gerade im Hirn bereitsteht. Oder man wandelt es ab, damit es mehr nach der Erstsprache klingt: die „Bauštela“ beispielsweise.

Viele junge Menschen, die sich mit angloamerikanischen Serien und Filmen beschäftigen, kennen dieses Phänomen ebenfalls sehr gut, am I right? Hier sprechen wir von einem Code, einem Meme, das die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Subkultur oder einer sozialen Schicht signalisiert. 

Identität nicht aufgeben

Und schließlich verwenden junge Menschen ihre Erstsprachen auch als Gefüge, um etwa Lerninhalte zu verstehen oder zu vermitteln, ohne ihre Identität oder Zugehörigkeit zu einer Clique in der Klasse aufgeben zu müssen. „Sen ne yapıyorsun? Joghurt mu?“, könnte es da bei einer Aufgabe zu gesundem Frühstück im Sachunterricht etwa zwischen den SchülerInnen heißen.

Oft ist Miš-Maš eine sehr persönliche, heimelige und lauschige Angelegenheit. Es kann zu wahrlich meisterhaften Scherzen, unfassbaren lyrischen und literarischen Errungenschaften und den fulminantesten (Miss-)Verständnissen zwischen Menschen führen. Schade, dass es unter Migranten, die sich von ihren Kinden sowohl gute Deutsch- als auch gute Muttersprachenkenntnisse wünschen, genauso verschrien ist wie unter monolingual aufgewachsenen Deutschsprachigen, die um die Reinheit ihrer Sprache fürchten und schon den Untergang des Abendlandes befürchten. 

Eine der wenigen Konstanten, die für jede Sprache gilt, ist ihr unbezwingbarer Drang nach Veränderung. Sosehr man auch danach strebt und versucht, Sprache zu standardisieren und zu normieren, sie prescht quasi ungebremst nach vorne. Die nährstoffreichste Nahrung für diese Reise der Sprache durch Raum und Zeit sind neue Medien, Technologien und - naturgemäß - der Kontakt mit anderen Sprachen.

Zeit, sich diese migrationsgerührte Mixtür etwas genauer anzusehen. (Olja Alvir, daStandard.at, 3.3.2014)