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Wie viele andere Banken haben auch steirische Raiffeisenkassen Kredite an Kroaten vergeben, welche diese aber nicht zurückzahlen können. In Kroatien haben sich Interessenvertretungen der Kreditnehmer gebildet. 27 Kunden haben eine Klage eingereicht.

Foto: Reuters/Heinz-Peter Bader

Zagreb/Sarajevo - Sie haben im Internet "Opfer-Plattformen" gegründet, auch ein Veteranenverband ist dabei. Im katholischen Kroatien gibt es sogar eine "Gebetsliga Raiffeisen". Seit Monaten versuchen kroatische Kreditnehmer, die bei Raiffeisenkassen in der Steiermark Kredite laufen haben, sich Gehör zu verschaffen.

Der Hintergrund: Ab 2004 begannen steirische Raiffeisenkassen vermehrt Kredite an Slowenen und Kroaten zu vergeben. Die Kassa St. Stefan-Jagerberg-Wolfsberg hat etwa 1500 kroatische Kunden. Insgesamt haben 3000 bis 3500 Kroaten Kredite bei steirischen Raiffeisenkassen. Diese schrieben sich in die Grundbücher der Liegenschaften dieser Leute ein.

Ab 2008, als die Krise ausbrach, wurde es für viele von ihnen immer schwieriger, die Raten abzuzahlen. Die Zinsen stiegen. Die Klienten sprechen nun von Abzockerei. Manche behaupten sogar, dass sie ihre Kredite bereits zurückbezahlt hätten oder, dass die Provisionen, die sie an die Vermittler ausgezahlt haben, zu hoch gewesen seien. In den vergangenen Jahren ist es zudem zu Zwangsversteigerungen mancher ihrer Häuser gekommen. Wut und Verzweiflung sind groß. Manche denken, dass die Zwangsversteigerung seitens der Bank von Beginn an geplant gewesen seien, zumal die Häuser teils von Raiffeisen-Leuten erworben wurden.

Zweckgesellschaften

Weil Nichtkroaten bis 2009 nicht bei Versteigerungen in Kroatien teilnehmen durften, wurden Zweckgesellschaften gegründet, damit die Bank indirekt doch an die Liegenschaften herankommen konnte. Der Sprecher des Raiffeisenverbands Steiermark, Hans Siebenbäck dazu: "Keine Raiffeisenbank hat ein Interesse, Liegenschaften in Kroatien zu besitzen. Diese befinden sich zumeist ja auch nicht in attraktiven Lagen an der Küste, sondern im kroatischen Hinterland. Wir wären vielmehr froh, wenn wir diese Liegenschaften nicht hätten kaufen müssen."

Die Prozesse dauern jedenfalls lange. Zeljko Starjacki wurde laut eigenen Angaben Ende 2010 ein Pfändungsbescheid übermittelt, er will zu diesem Zeitpunkt bereits ein Drittel des Kredits abbezahlt haben. "Die Bank pfändet ein Drittel meines Einkommens", erzählt Starjacki. Die Raten seien etwa um 100 Euro höher als zu Beginn. Starjacki hat Angst, nun sein Haus in Zagreb zu verlieren.

In den Raiffeisen-Filialen ist man sich bewusst, dass man die Kredite restriktiver hätte vergeben sollen. Insbesondere die Kassa St. Stefan-Jagerberg-Wolfsberg kämpft mit den Problemkrediten. Die Staatsanwaltschaft Graz ermittelt gegen deren Ex-Geschäftsleiter, August Walter. Er ist seit 2011 nicht mehr für Raiffeisen tätig und heute in Pension. Man habe sich von ihm "getrennt", heißt es. Die Ermittlungen wurden aufgrund von Prüfberichten der Finanzmarktaufsicht initiiert. Insgesamt wird gegen sechs Personen ermittelt, "drei davon im Umfeld der Raiffeisen-Kassa St. Stefan-Jagerberg", so der Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz, Arnulf Rumpold. Gegen andere Raiffeisenkassen gäbe es Verdachtsmomente. Ein Rechtshilfeersuchen wurde nach Zagreb geschickt.

27 kroatische Kunden haben eine Klage eingereicht. Sie wollen, dass ihre Kreditverträge für nichtig erklärt werden, und argumentieren damit, dass sie die Verträge nicht in Österreich unterschrieben hätten und diese also nicht rechtens seien. Von den 27 Klagen wurden bisher 15 ad acta gelegt. Bei der Raiffeisen in Österreich spricht man von einer "anderen Temperamentkultur". (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, 3.3.2014)