Die Scheu vor Verantwortung ist die Krankheit unserer Zeit, meinte der deutsche Reichskanzler Otto Bismarck. Diese Einschätzung trifft auch für die heutige Zeit zu, wenn man die Causen, die abseits des Opernballs in den vergangenen Tagen für Aufregung sorgten, Revue passieren lässt: Hypo, Bifie-Datenleck und Burgtheater.

Wer ist außer den teilweise bereits verurteilten Bankmanagern für das Hypo-Desaster verantwortlich? Jörg Haider benutzte die Bank, um seine teure Brot-und-Spiele-Politik zu finanzieren. SPÖ und ÖVP stimmten brav zu, dem Kärntner Volk gefiel es. Haiders Tochter Ulrike rückt nun als BZÖ-Spitzenkandidatin für die EU-Wahl aus, um zu verhindern, dass der Name ihres Vaters "beschmutzt" werde. Der Fehler sei die Verstaatlichung durch Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) 2009 gewesen - eine Argumentation, die auch die FPÖ vertritt.

War die Verstaatlichung tatsächlich notwendig? Welche Rolle spielte Raiffeisen? Der mittlerweile in diesem Konzern beschäftigte Ex-Politiker Josef Pröll will sich nicht erklären und ist abgetaucht - wie auch Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), der zu dieser Zeit bereits Regierungschef war und lieber nicht so gerne von Journalisten dazu befragt wird. Der Eindruck, dass die politisch Verantwortlichen ihre Verantwortung nicht wahrhaben wollen, verfestigt sich mit jedem weiteren Tag. Dass sie ihre Verantwortung womöglich nicht wahrnehmen können, ist kein Grund, sie davon zu entbinden.

Gleiches gilt für Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Auch wenn die durch das Leck öffentlich gemachten Informationen von Schülern und Lehrern vom Datenschutzstandpunkt aus betrachtet nicht sensibel waren: Es geht um den Umgang mit dem Vorgang. Sollte tatsächlich seit den ersten Hinweisen vor zwei Monaten weder beim Bildungsforschungsinstitut noch beim Aufsichtsrat oder im Unterrichtsministerium etwas passiert sein, wurden Sorgfaltspflichten verletzt. Abseits der juristischen Verantwortung gibt es auch eine politische: Auffällig ist, dass die SPÖ-Politikerin Heinisch-Hosek ihre Wortwahl am Donnerstag verändert hat: Sprach sie im Ö1-Morgenjournal davon, dass sie sich "in diesen zwei Monaten" auf die Aufklärung verlassen habe, so sagte sie im Mittagsjournal: "Ich habe es vor zwei Tagen erfahren." Schon jetzt steht fest: Professionelles Versagen hat es gegeben, Konsequenzen - noch - keine.

Das gilt auch für die Vorgänge im Burgtheater. Der Chef der Bundestheaterholding, Georg Springer, war seit Wochen bemüht, Silvia Stantejsky die Alleinschuld an der Finanzgebarung des Burgtheaters zuzuschieben. Bei der Vorlage des Endberichts der Wirtschaftsprüfer gab er zumindest eine "Mitverantwortung" zu.

Nicht so Direktor Matthias Hartmann, der weiter behauptet, er habe sich nur auf die künstlerische Leitung konzentriert. Zumindest einen Verdacht muss er gehabt haben, sonst hätte er nicht jemanden von außen gebeten, sich die Zahlen des Burgtheaters anzuschauen. Er ist auch Co-Geschäftsführer. Dass nur ein paar geschwärzte Seiten veröffentlicht wurden, nicht aber der Gesamtbericht, nährt die Zweifel weiter.

All diese Vorgänge zeigen: In Österreich gibt es weder eine Verantwortungs- noch eine Rücktrittskultur. Wie sagte Molière: "Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun." (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, 1.3.2014)