Die Designerin Nin Prantner hat eine Idee nach der anderen.

Foto: Nin Prantner

Während ihres Architekturstudiums an der Wiener TU lernte Nin Prantner Metall zu schweißen. Diese Fähigkeit erwies sich als nützlich, als sie nach Studienabschluss ihr eigenes Designstudio eröffnete. Letztes Jahr folgte ihr neues Studio in der Breitegasse gleich hinter dem Museumsquartier – genau die richtige Adresse für Kreative, denn die Gegend erlebt mittlerweile eine Renaissance als Designer-Möbel-Viertel. inventures.eu traf Nin in ihrem lichtdurchströmten, loftähnlichen Studio, wo viele ihrer Möbel und Produkte ausgestellt sind – unter anderem auch ihr Bestseller: Bagtor.

Gedankenverloren saß die österreichische Designerin Nin Prantner 2011 an einem Strand in Barcelona und genoss den Blick auf das Meer. Nach unten blickend, merkte sie, dass ihre Handtasche verschwunden war. Sie sah gerade noch, wie zwei Männer mit ihrer Tasche Reißaus nahmen. Nin erinnert sich, dass sie den Dieben nachlief, und ihnen auf Italienisch nachschrieh – und anscheinend verstanden die Spanier genug, um die Tasche fallenzulassen und wegzulaufen. Zum Glück waren ihr Bargeld und Schmuck noch in der Tasche.

Diebstahlsicherung und Fashion-Accessoire gleichzeitig

Aus diesem Erlebnis wurde schließlich die Idee für Bagtor geboren. "Die Sicherung musste mehr können als nur Taschen zu sichern. Deswegen sollte es eine Diebstahlsicherung werden, die noch dazu ein Fashion-Accessoire ist", sagt Nin. Nach mehrmonatiger Entwicklung entstand das Patent für Bagtor. Das Schloss dient nicht nur dem Schutz vor Taschendiebstählen, sondern ist auch ein schickes, multifunktionelles Mode-Accessoire.

Er besteht aus einem langen Lederband, das an einem Metallring befestigt ist, und dazu verwendet werden kann, eine Handtasche entweder am Stuhl, auf dem man gerade sitzt, oder an sich selbst festzumachen. So werden "Grab and Run"-Diebstähle effektiv verhindert.

Obwohl der Aspekt der Taschensicherung wichtig ist, haben die meisten Kundinnen Bagtor von Anfang an meist als Fashion-Accessoire gekauft - viel wichtiger scheint die Vielseitigkeit des Accessoires und die auffallende Verpackung. Deswegen arbeitet Nin gemeinsam mit Fashion-Blogger und KundInnen an der Entwicklung neuer Anwendungen und lässt Vorschläge in ihre Designs einfließen.

Im November 2012 feierte Bagtor sein Debut in Wiens Museum für Angewandte Kunst (MAK). Die Reaktionen waren ermutigend und ihre erste Produktionsserie von 500 Stück war schnell ausverkauft. So begann sie, das vielseitige Schloss en gros in Geschäften in Österreich, Deutschland, der Schweiz, Holland, Belgien und Dänemark zu verkaufen, und auch über ihr Studio und ihre Website zu vertreiben.

In ihrer Arbeit räumt Nin speziell Kommunikations- und Marketingstrategien eine hohe Priorität ein. "Ich arbeite gerade daran, das Design und die Kommunikationsstrategien für meine Produkte weiterzuentwickeln," sagt sie. "Ich weiß, was zu tun ist und arbeite mit dem Feedback meiner Kundinnen. Die größte Herausforderung und Arbeitsleistung besteht darin, das designte Objekt zu kommunizieren." Seit dem Produktlaunch im MAK hat Nin rund 1500 Stücke verkauft.

Kleine Schritte zur großen Vision

Nin arbeitet seit ihrem Studienabschluss als Designerin. Sie wuchs in Niederösterreich als Tochter zweier Künstler auf - beide Eltern sind Bildhauer. "Während meiner Kindheit habe ich mich die meiste Zeit auf Baustellen oder in Ateliers herumgetrieben. Wir Kinder konnten uns frei bewegen. Ich durfte beim Bauen mithelfen und mir gefiel es mit dem Werkzeug zu arbeiten", erzählt Nin. "Die Ateliers und Werkstätten waren spannende Plätze, wo ich viel ausprobieren konnte und meine Eltern haben mir viel Wissen über Bildhauerei vermittelt. Dabei habe ich viel über dreidimensionales Arbeiten und Kunst gelernt."

Für Nin hat die Liebe zum Detail einen hohen Stellenwert. Dabei will sie die große Vision aber nicht aus den Augen verlieren. Der Spagat zwischen beiden ist trotzdem schwierig zu bewältigen. Deswegen arbeite sie gerne mit Leuten zusammen, um sich im Team zu ergänzen. Letztes Jahr nahm sie etwa an der Workshop-Reihe "Twin Entrepreneurs" der Wiener Wirtschaftsagentur teil, um über Möglichkeiten der Internationalisierung ihres Produkts zu lernen.

"Seit heuer werde ich auch von Selma Prodanovic beraten", eine österreichischen Unternehmensberaterin, Business Angel and Twin Entrepreneurs-Coach. "Für mich ist das eine tolle Chance. Sie ist eine sehr energiegeladene Person und treibt mich ständig an – da bleibt gar keine Zeit, sich zu beschweren. Man muss einfach arbeiten, was toll ist für mich", sagt Nin.

Ende letztes Jahres bot sich ihr die Chance, in der österreichischen Reality-TV-Show "Zwei Minuten, Zwei Millionen" ihre Business-Idee vorzustellen. "Ich dachte, dass die Show entscheidender für meine Zukunft wäre. Trotzdem ich habe einiges gelernt während ich mich dafür vorbereitet habe und war unendlich froh, als ich meinen ersten 'Pitch' vor Kamera und fünf Investoren erfolgreich absolviert hatte."

Neue Situation Baby

2007 brachte Nin ihr erstes Kind zur Welt. Ihr Ehemann arbeitete damals viel im Ausland während sie mit ihrem Sohn in Wien blieb und ihr Unternehmen weiter führte, was manchmal schwierig war, weil der Beruf ihres Mannes wenig Planbarkeit zuließ.

Mittlerweile arbeitet ihr Mann in Österreich, was Nin neue Möglichkeiten eröffnet. "Ich kann einfacher planen oder auch beruflich verreisen, weil wir unsere Zeit jetzt entspannt aufteilen können ohne dass unser Kind zu kurz kommt. Familie und Beruf so zu verbinden, dass es dabei allen gut geht, ist eine schwierige, aber schöne Herausforderung und ich möchte sie keinesfalls missen."

Designs für die Zukunft

Letzten Jänner war Nin in Paris auf der "maison&objet" eingeladen und hat wenige Tage danach in Frankfurt bei der Messe Ambiente ausgestellt. Das Feedback war positiv und es ergaben sich auch Kontakte zu Vertriebspartnern.

Obwohl zwei Drittel ihrer Einnahmen von Bagtor-Verkäufen stammen, wird Nin mittelfristig wieder zu dem zurückkehren, was sie liebsten und am besten macht: das Kreieren neuer Produkte. "Ich habe unterschiedliche Produktideen, wie ein Kinderpult und eine Altenhilfe in Arbeit", sagt sie. Um dem auch nachzukommen, sucht sie einen Manager oder Lizenznehmer für Bagtor. Eingeengt würde sie sich von solch einem Partner in ihrem individuellen Stil nicht, denn "das Produkt ist inzwischen erwachsen geworden und kann ein eigenständiges Leben führen", so Nin. (Michael Bernstein, inventures.eu und derStandard.at, 6.3.2014)