"Nehmen wir ein Kurzes, die Kristina zeigt eh gern Bein." Ein Zitat des steirischen ÖVP-Chefs Hermann Schützenhöfer, das der Parteipressedienst aussandte, als Schützenhöfer im April des Vorjahres ein Dirndl für die Landesrätin Kristina Edlinger-Ploder aussuchte. Er überreichte es ihr, um ihr zehnjähriges Jubiläum als Regierungsmitglied zu würdigen. Eine Station im Leben einer Politikerin.

Auch wenn sie am Mittwoch zu einer Pressekonferenz mit dem euphemistischen Titel "Neustart" geladen hatte: Dass Kristina Edlinger-Ploder weniger als ein Jahr später ganz freiwillig als Landesrätin zurücktritt, glaubt in der Steiermark niemand.

Die 42-jährige Juristin und zweifache Mutter, die ihre Kinder in einer Patchworkfamilie gemeinsam mit ihrem Ex-Mann aufzieht, wurde lange Zeit als durchaus liberal denkende Nachwuchshoffnung innerhalb der ÖVP gehandelt - nicht zuletzt, weil sie einst in Umfragen die höchsten Beliebtheitswerte in der Bevölkerung erreichte. Sie trat etwa in Bildungsfragen offen für Reformen abseits der Parteilinie ein. Dafür, aber auch für ihre Offensive in Sachen Ausbau der S-Bahnen im Grazer Umland, wurde sie auch von anderen Parteien geschätzt.

Stationen einer Karriere

Drehen wir die Zeit weiter zurück: 1998 holte Waltraud Klasnic die damals 27-jährige Tochter eines ORF-Journalisten und einer Volksschuldirektorin in ihr Büro. Als sie 2003 Landesrätin wird, sind Edlinger-Ploders Kinder noch sehr klein. Die damalige "Landesmutter" Klasnic lobt Edlinger-Ploder öffentlich dafür, dass sie trotzdem allzeit bereit und verlässlich und einfach "immer da" sei. Als Edlinger-Ploder elf Jahre später am Mittwoch nach dem offiziellen Teil ihrer Pressekonferenz nach ihren Kindern gefragt wird, kommen der Politikerin die Tränen.

Von 2004 bis 2005 war sie Finanzlandesrätin, ab 2010 war Edlinger-Ploder Landesrätin für Gesundheit, Pflege, Wissenschaft, Forschung und die Fachhochschulen.

Die härtesten Brocken


Kristina Edlinger-Ploder und Waltraud Klasnic. (Foto: APA/Markus Leodolter) 

Als solche musste sie in den vergangenen Jahren einige der härtesten und unpopulärsten Brocken der selbsternannten Reformpartner Franz Voves (SPÖ) und Herrmann Schützenhöfer exekutieren. Und das tat sie auch gewissenhaft. Selbst dann noch, als ihr Parteichef Schützenhöfer bei der geplanten und heftig umstrittenen Übernahme des LKH Graz-West durch die Barmherzigen Brüder plötzlich die Seite wechselte und sich gegen seine Landesrätin stellte - die Atmosphäre in der Bevölkerung war zuvor immer feindseliger geworden. Doch sie blieb auch nach dem Scheitern dieses Projekts und erarbeitete eine alternative Lösung, eine Kooperation der Grazer Krankenhäuser und eine Einigung mit den Barmherzigen Brüdern.

Auch den Regress, den in Österreich ausschließlich die Steirer für ihre pflegebedürftigen Eltern zahlen müssen, verteidigte Edlinger-Ploder bis zuletzt, nannte sogar andere Bundesländer "feig", weil sie die unpopuläre Maßnahme angesichts der prekären budgetären Lage nicht wieder einführten.

Dass sich der Regress nicht bis zur Landtagswahl 2015 halten wird, gilt für Politbeobachter seit Monaten als sicher. Auch die Oppositionsparteien KPÖ und Grüne denken gar nicht daran, dieses Thema, mit dem sie in der Bevölkerung auf eine Welle der Sympathie stoßen, aufzugeben.

Mit dem Abgang Edlinger-Ploders kann man nun mit weniger Peinlichkeit den Regress doch abschaffen, bevor der Wahlkampf startet.

Tragische Station

Der Tod eines Babys, dessen Mutter es nicht mehr rechtzeitig ins LKH Deutschlandsberg schaffte, nachdem die Wehen eintraten und sich die Plazenta ablöste, markierte vor wenigen Wochen eine tragische Station in der Karriere Edlinger-Ploders (derStandard.at berichtete). Denn auch die Schließung der Geburtenstation des - nicht nur für diese Schwangere - viel näheren LKH Voitsberg vor einem Jahr war eine der politischen Entscheidungen, die die Landesrätin gegen den Protest wütender Bürger durchbringen musste. Selbst wenn Experten betonen, dass man nicht wisse, ob das Baby in Voitsberg überlebt hätte, bestätigen alle, dass die Chancen für Mutter und Baby auch in solchen von der Medizin als "schicksalhaft" bezeichneten Verläufen höher sind, wenn das nächste Spital möglichst nah ist.

Ob dieser Fall, der in der Öffentlichkeit erneut die Diskussion über eine Wiedereröffnung der Gebärstation Voitsberg entfachte, mit dem jetzt doch überraschenden Abgang zu tun hat, ist nicht bekannt. Die Regierung ist jedenfalls ein Mitglied, das jahrelang Kritik für Schließungen und Kürzungen einstecken musste, rechtzeitig ein Jahr vor der Wahl los.

Watschenfrauen der Reformpartnerschaft

Edlinger-Ploder ist nicht die erste Frau, die für die sogenannte Reformpartnerschaft als Watschenfrau fungierte und dann nicht ganz freiwillig ausgedient hatte: Vor knapp einem Jahr war es die SPÖ-Landesrätin Elisabeth Grossmann. Sie ist ebenfalls Juristin, Mutter von zwei erwachsenen Kindern und nur drei Jahre älter als Edlinger-Ploder. Sie musste die ebenso unpopulären und in vielen ländlichen Gemeinden für Empörung sorgenden Schließungen von 34 Schulen verkaufen. Als sie danach im Zuge einer Personalrochade, die den Voves-Vertrauten Michael Schickhofer vom Parlament in die Landesregierung holte, in den Nationalrat zurückgeschickt wurde, flossen auch einige Tränen.

Wenige Wochen vor Grossmann nahm Brigitte Schwarz (SPÖ) in Kapfenberg nach sieben Jahren als Bürgermeisterin den Hut: Sie machte ihrem Vorgänger und damals noch Landtagspräsidenten Manfred Wegscheider Platz, der kurzerhand zurück nach Kapfenberg geschickt und dort wieder Stadtchef wurde. (Colette M. Schmidt, derStandard.at, 26.2.2014)