Die Wege des Herrn sind unergründlich - speziell, wenn es sich um Herrn Petro Poroschenko handelt. Die Karriere des 48-Jährigen verlief auf verschlungenen Pfaden. Poroschenko war noch Student, als die Perestroika über die Sowjetunion hinwegfegte. Der junge Mann erkannte schnell die Möglichkeiten, die Im- und Exportgeschäfte im "Land des Defizits" boten. Mit Gewürzen und Kakaobohnen machte Poroschenko Anfang der 1990er-Jahre seine erste Million.

Der Kakao wurde später dann auch zur Ba- sis seines Schokoladenimperiums. Die Firma Roshen ist der größte Hersteller von Schokolade und Backwaren in der Ukraine. Daneben kaufte sich Poroschenko aber auch Maschinenbaubetriebe, eine Werft und verschiedene Medien zusammen. 2013 kürte ihn das Journal Forbes zur Nummer sieben unter den ukrainischen Oligarchen, mit einem geschätzten Vermögen von 1,6 Milliarden Dollar. "Das Problem ist, dass ich niemals erfolglose Projekte hatte", begründet er selbst seine Fortune.

Diese mag aber auch mit Poroschenkos politischer Anpassungsfähigkeit zu tun haben. Seit 15 Jahren ist er bereits in der Politik - in Kiew keineswegs unüblich, wo Staatsführung und Business eng verquickt sind. Überraschend ist die Bandbreite der Ansichten, die Poroschenko bisher vertrat: Angefangen hat der Milliardär als Sozialdemokrat, ehe er die präsidentennahe Partei der Regionen gründete.

Doch schon 2002 schloss er sich der Opposition an. Er gilt als einer der Financiers der Orangen Revolution. Unter Präsident Wiktor Juschtschenko wurde Poroschenko Chef des mächtigen Sicherheitsrats, Juschtschenko selbst Taufpate seiner Tochter. Mit Julia Timoschenko hingegen gab es Streit um politische und wirtschaftliche Pfründe. Nach Korruptionsgerüchten musste Poroschenko seinen Posten aufgeben.

Von diesem Rückschlag erholte er sich bald. 2007 wurde er zum Aufsichtsratschef der Nationalbank berufen, später zum Außen- und zum Wirtschaftsminister, erst unter seiner früheren Kontrahentin Timoschenko, dann sogar unter dem Janukowitsch-Vertrauten Mykola Asarow. Jetzt ist er selbst als Premier im Gespräch.

Eines hat Poroschenko bewiesen: Er kann mit allen politischen Kräften arbeiten. Nur einmal geriet er bisher zwischen die Fronten, als er zwischen Sicherheitskräften und radikalen Demonstranten vermitteln wollte. Doch auch da kam er mit ein paar blauen Flecken davon. (André Ballin, DER STANDARD, 26.2.2014)