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Der Zulauf zur Schuldnerberatung steigt. Männer sind öfter betroffen als Frauen.

Foto: apa/Angelika Warmuth

Wien - Die steigende Arbeitslosigkeit wirkt sich auch auf die Tätigkeit der Schuldnerberatung aus. Am Montag veröffentlichte der Dachverband der Schuldnerberatungen in Österreich aktuelle Zahlen, wonach im Jänner 2014 im Vergleich zum Jänner des Vorjahrs die Zahl der Erstberatungsgespräche um zehn Prozent zugenommen hat. Auch übers ganze Jahr betrachtet ist ein Anstieg der Beratungen zu bemerken: Gab es 2012 insgesamt 55.200 Beratungsgespräche, waren es 2013 bereits 56.400. "Jeder Zweite kommt heute in die Schuldnerberatung, weil er arbeitslos ist", sagt Geschäftsführer Hans Grohs zum Standard. Vor fünf Jahren war nur ein Drittel von Arbeitslosigkeit betroffen.

Grohs ist aber auch froh über die steigende Zahl der Erstberatungen: "Man soll ja zu uns kommen, bevor es zu spät ist." Dann bliebe in vielen Fällen Zeit, die Haushaltsbudgets anzupassen.

Oft kommt die Hilfe aber auch zu spät. Insgesamt wurden im Jänner 724 Schuldenregulierungsverfahren eröffnet, das sind um 76 weniger als im Jänner des Vorjahres. Die Zahl der Konkursanträge belief sich im Jänner 2014 auf 826 Verfahren und ist gegenüber dem Vergleichszeitraum Jänner 2013 um 8,5 Prozent gesunken. Auch die Zahl der Privatkonkurse ist gesunken. Im Jahr 2013 wurden in Österreich 9386 Privatkonkurse eröffnet, das sind um 3,0 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum 2012. Grohs übt Kritik daran, wie schwer es sei, in Privatkonkurs zu gehen. Denn um Privatkonkurs anmelden zu können, muss der Schuldner ein regelmäßiges Einkommen aufweisen. Er darf keine neuen Schulden machen und muss monatlich einen bestimmten Betrag zur Rückzahlung zur Verfügung stellen.

Für Grohs sind die aktuellen Zahlen jedenfalls ein Zeichen dafür, dass das soziale Netz nicht ausgeprägt genug ist. Zwar gibt es Maßnahmen wie die Mindestsicherung. "Diese helfen aber nur, das tägliche Leben zu bestreiten, damit können keine Schulden zurückbezahlt werden."

Rot-grüner Wickel

In Wien ist unterdessen ein Streit über die Mindestsicherung entbrannt. Die SPÖ legte eine Novelle vor, diese wird aber von den Grünen mit dem Hinweis auf Verschlechterung für die Betroffenen abgelehnt. Grund für die Novelle: Durch die Abschaffung der befristeten Invaliditätspension gibt es für arbeitsunfähige Menschen nun die Möglichkeit, medizinische und berufliche Reha-Maßnahmen aus dem Sozialversicherungssystem in Anspruch zu nehmen. Die Betroffenen haben Anspruch auf das Reha-Geld.

Die SPÖ will das Wiener Mindestsicherungsgesetz nun dahingehend adaptieren, dass diese versicherungsrechtlichen Ansprüche jenen aus der Mindestsicherung vorzuziehen sind. Für die Grünen kommt das gar nicht infrage. Sozialsprecherin Birgit Hebein sagt zum Standard: "Einer Verschlechterung werden wir nicht zustimmen." Die SPÖ sei am Zug, die Novelle zu überarbeiten.

Eine Verschlechterung sieht die MA 40 nicht. In einer Stellungnahme heißt es: "Die Betroffenen werden in Zukunft keine massiv niedrigere Leistung erhalten". Das Reha-Geld liege keinesfalls unter den Bezügen der Mindestsicherung.

Für die Wiener Caritas gibt es dennoch offene Punkte: "Was passiert mit jenen, die nicht Reha-einsichtig sind und eine Behandlung ablehnen?" Diese Frage gelte es noch zu klären, sagte ein Sprecher zum Standard. (Rosa Winkler-Hermaden, DER STANDARD, 25.2.2014)